Gerda Reiser
Frau Reiser, Jahrgang 1934, ist in Olten in einer religiösgeprägten Familie auf- gewachsen. Sie ist das jüngste von drei Kindern. Ihre ältere Schwester hat sich für ein Leben als Diakonissin entschieden. Ihr Bruder sei leicht behindert gewesen, darum habe er keine Lehre machen können. Er arbeitete an einer Maschine in der Biskuit- und Schoggi-Fabrik Wernli in Trimbach. Beide Geschwister sind schon gestorben. Die Familie war in der evangelisch-methodistischen Kirche engagiert. Sie meint dazu: «Die Methodisten sind eine Freikirche, wir sind aber in keiner Weise extrem. Wir haben einen gnädigen Gott.»
Frau Reiser hat in Olten eine kaufmännische Lehre gemacht. Danach arbeitete sie auf der Telefondirektion in Zürich als Sekretärin der Direktion. Lange Jahre wirkte sie zudem als Sekretärin des Bischofs der evangelisch-methodistischen Kirche von Mittel- und Südeuropa.
Sie lebte in Zürich-Wollishofen zusammen mit einer Freundin. «Wir hatten ein schönes Verhältnis. Wir hatten Gott in unserer Mitte. Wir sind wunderbar miteinander ausgekommen», erzählt sie mit Freude. «Sie war auch aktiv bei uns in der Kirche.»
Das Leben mit und für die Kirche war für sie bestimmend. Schon als Jugendliche sang sie im Chor der Kirche. Olten sei eine kleine Gemeinde, die sei zu klein gewesen für einen Chor. Darum sei sie jeweils nach Zofingen gegangen, wo es eine grosse Gemeinde gibt. Sie sang dort im Chor 2. Sopran.
In der Paulus-Kirche in Zürich lernte sie bei einem bekannten Organisten das Spiel auf der Orgel. In der Methodisten- Kirche in Zürich-Altstetten war sie dann viele Jahre für das Orgelspiel besorgt. Darüber hinaus gab sie Sonntagsschule und organisierte Ferienlager für Kinder und Jugendliche. Das sei sehr wertvoll gewesen, sie sei mit Freude dabei gewesen. Und so ging es weiter. Mit ihrer Freundin war sie meist im Hotel Viktoria auf dem Hasliberg in den Ferien, welches früher der Methodistenkirche gehörte. «Ab und zu waren wir auch im Ausland, doch wir kamen immer wieder auf den Hasliberg zurück.»
Seit 2020 lebte Frau Reiser im Heim Almacasa gut umsorgt und glücklich. «Die Leute, die ich von der Kirche her kenne, kommen mich regelmässig besuchen. Darunter auch der Pfarrer der Methodistengemeinde Adliswil-Zürich. Mein Halt ist Gott. Ich weiss, Gott ist bei mir. Er ist immer bei uns. Auch dann, wenn wir es nicht merken oder nicht merken wollen.»
Aus Almacasa – Die Hauszeitung, Juni 2022
«Fürchtet euch nicht!» Mit dieser Botschaft kündigen die Engel die Geburt Christi in unserer Welt an. Dieser Engelsruf gilt bis heute.
In diesen Tagen brauchen wir es sehr, dieses „Fürchtet euch nicht!“. Die Weltlage im Grossen und im Kleinen macht Angst, sie ist ernst. Unsere Sorgen sind groß, um uns und um andere.
Weihnachten erinnert uns an den Engelsruf über den Hirten in Bethlehem: Gott ist mit uns und hat in die dunkle und hoffnungsarme Welt Licht, Zuversicht und Ermutigung gebracht. «Fürchtet euch nicht!»
Dazu gehört die Aufforderung des Propheten: «Mache dich auf und werde Licht» (Jesaja 60,1). Das ist die Ermutigung, in unserer Hoffnung nicht nachzulassen.
Das andere Wort vom Licht in diesem Zusammenhang ruft uns Jesus zu: «Ich bin das Licht der Welt» (Johannes 8,12). Möge der Engelsruf verbunden mit diesen Worten vom Licht uns allen die Kraft geben und die Hoffnung, die wir brauchen. Möge dieses Licht überall dorthin scheinen, wo Menschen in Angst sind, wo sie um ihr Überleben bangen müssen, wo sie nach Frieden und Wiedergutmachung suchen, und wo Menschen trauern.
In diesem Sinne wünschen wir Euch allen viel Licht! Bewegt das «Fürchtet Euch nicht» in Euren Herzen und bleibt achtsam! Lasst euch von Gottes Liebe anrühren und gebt diese Liebe weiter.
Am 24. Dezember 2022
Marta und Heinrich Bolleter-Zellweger
Bin ich ein "Woke"?
Bist Du «woke»?
„Woke“ (wouk) ist eine Person, wenn sie „wach“ ist und selbständig denkt.
Wach, wenn es um gesellschaftliche Strömungen, um Trends, aber auch
um Ungerechtigkeit oder Benachteiligung geht. „Woke“ Menschen stehen
für Schwächere ein, beschäftigen sich mit deren Problemen und helfen
ihnen, diese zu überwinden. Es geht zum Beispiel um Rassismus,
Migration, Klimawandel oder Sexismus. „Woke“ ist, wer diese
Herausforderungen erkennt und etwas dagegen tut.
Im konservativen Milieu gilt „woke“ als Schimpfwort für politisch eher links
eingestellte Menschen. „Woke“ Menschen seien hypersensible,
selbstgerechte Menschen, welche anderen nur helfen, um sich selbst
besser zu fühlen. Solche Einschätzung ist nicht neu. Schon früher wurden
in der Schweiz Menschen, welche sich zum Beispiel für Geflüchtete
einsetzen, als „Gutmenschen“ beschimpft.
Woher kommt der Begriff „woke“?
Er kommt aus dem Englischen und ist die Vergangenheitsform von «wake»
oder »awake», wachen, aufwachen, aufgeweckt sein. Er wurde von
Afroamerikanerinnen bereits in der Bürgerrechtsbewegung der Sechziger
Jahre verwendet, um auf Rassismus aufmerksam zu machen. Heute ist er
in den sozialen Medien wieder aufgetaucht. Er wird von den einen bewusst
als positive Selbstbezeichnung verwendet und von anderen als Häme
ausgeteilt. Ich erkenne gewisse Parallelen des Begriffs «Woke» mit dem
Begriff «Methodist». Auch da wurde der Begriff als Beschimpfung
eingesetzt und dann von den Betroffenen als positive Selbstbezeichnung
gewählt. Ich kann also damit umgehen! Ich bin ein «Woke».
Wodurch wurde ich aufgeweckt?
Wären es die Nöte in dieser Welt, welche die Menschen plagen und auch
aufschrecken allein, dann wäre es einfacher davon abzulenken und weg zu
schauen. Ich weiss mich jedoch von Jugend auf «erweckt» durch das
Beispiel der Liebe Jesu zu den Verlorenen. Humanitäre Imperative und
Werte sprechen mich an, aber ich orientiere mich bewusst am Leben und
Handeln Jesu. Nach meinem aktiven Dienst als Bischof von Mittel- und
Südeuropa in den Jahren 1989 bis 2006 und meinem Einsatz als Genfer
Sekretär des World Methodist Council 2006 bis 2012 habe ich in der
Unterstützung von Asylsuchenden einen neuen Schwerpunkt gefunden,
um mich für andere einzusetzen. Mit den mir im Alter noch verfügbaren
Kräften setze ich mich für diese Migranten und Migratinnen, vor allem im
Kanton Aargau ein.
Ich bin ein «Woke». So verstehe ich und lebe ich mein Christsein.
Heinrich Bolleter
Am I a "woke"? Are you "woke"?
A person is "woke" when he or she is "awake" and thinks independently. Awake when it comes to social currents, trends, but also to injustice or disadvantage. "Woke" people stand up for the weak, deal with their problems and help them to overcome them. For example, it's about racism, migration, climate change or sexism. "Woke" is someone who recognizes these challenges and does something about them. In the conservative milieus, "woke" is considered a dirty word for people who are politically more left-wing. "Woke" people are hypersensitive, self-righteous people who only help others to feel better about themselves. Such an assessment is not new. Even in the past, people in Switzerland who, for example, supported refugees were called "do-gooders". And this was an insult!
Where does the term "woke" come from? It comes from English and is the past tense of "wake" or "awake", to wake up, to be awake. It was used by African American women in the civil rights movement of the 1960s to draw attention to racism. Today, it has resurfaced in social media. It is used deliberately as a positive self-designation by some and as a derogatory term by others. I recognize certain parallels between the term "woke" and the term "Methodist. There, too, the term was used as an insult and then chosen by the people concerned as a positive self-designation. So, I can handle it.! am a "Woke".
By what was I awakened? If it were the hardships in this world, which plague the people and Horrors alone, then it would be easier to distract from it and look away. However, I know that I have been "awakened" from my youth by the example of Jesus' love for the lost and the poor. Humanitarian imperatives and values appeal to me, but I consciously orient myself to the life and actions of Jesus. After my active ministry as bishop of Central and Southern Europe from 1989 to 2006 and my service as Geneva secretary of the World Methodist Council from 2006 to 2012, I found a new focus in assisting asylum seekers. With the strength still available to me in my old age, I am committed to helping these migrants, especially in the canton of Aargau. I am a "Woke". This is how I understand and live my Christian witness.
Heinrich Bolleter
Eine Sicht und Beschreibung für die weiter bestehende United Methodist Church
United Methodists auf der ganzen Welt sind mit verschiedenen Gottesdienstformen unterwegs, wir sind charismatisch und sozial aktiv, wir sind städtisch, vorstädtisch, kleinstädtisch, ländlich und vieles mehr. Wir sind Kinder, Jugendliche, junge Erwachsene, ältere Erwachsene, neue Christen und reife Christen. Wir sind auf vier Kontinenten und in mehr als 45 Ländern vertreten, und wir umfassen eine unbekannte Anzahl von Kulturen und Sprachen. Wir sind eine Gemeinschaft verschiedener Rassen, Ethnien, Kulturen und Perspektiven, geeint durch den Heiligen Geist, und vom Auftrag Christi angetrieben die gute Nachricht einer unverdienten Gnade zu verkünden, welche das Leben des Einzelnen und unsere Gesellschaft verändert.
Christi Gebet für unsere Einheit und sein Gebot, alle zu Tisch zu bitten, einander Raum zu geben, einander zu respektieren und Christus im anderen zu suchen, verbietet es uns, individuelle Tische nur für diejenigen zu schaffen, die so denken, handeln, aussehen und die Welt so wahrnehmen wie wir.
Wir können keine Kirche sein, die ihre Identität und ihr Bekenntnis zu Christus bricht, indem sie sich mit politischen Parteien verbündet. Wir können keine traditionelle Kirche oder eine progressive Kirche oder eine Kirche der Mitte sein. Wir können keine schwule oder heterosexuelle Kirche sein. Unsere Kirchen müssen mehr sein als Echokammern, die nach unseren eigenen Vorstellungen geschaffen wurden. Wir können nicht miteinander streiten, während wir unsere zentrale Aufgabe vernachlässigen. So macht es die Welt.
Stattdessen sollen wir ein Volk sein, verwurzelt in der Heiligen Schrift, mit Christus als unsere Mitte, dienend in Liebe und vereint in den zentralen Überzeugungen. Das ist harte Arbeit. Es ist heilige Arbeit. Es ist der Dienst der Versöhnung, den Christus einem jeden von uns übertragen hat. Unser bestes Zeugnis ist es, einander zu lieben, wie Christus uns liebt, und der Welt die übernatürliche Kraft des Heiligen Geistes zu zeigen, die uns trotz unserer Unterschiede zusammenhält. Das ist gelebtes Evangelium.
Wir sind eine Kirche:
- Im Vertrauen auf das, was Gott in Jesus Christus für die ganze Menschheit getan hat
- Wir engagieren uns für persönliche und gesellschaftliche Heiligung/Transformation
- Mutig im Aufdecken und in der Überwindung der Mächte des Rassismus, des Tribalismus und des Kolonialismus
Alle unsere Mitglieder, die Pfarrerinnen und Pfarrer, die Gemeinden und die Jährlichen Konferenzen werden weiterhin eine Heimat haben in unserer weltweiten Kirche, unabhängig davon, ob sie sich als liberal, evangelikal, progressiv, traditionalistisch, konservativ, ‘zentristisch’ oder anders bezeichnen. Wir halten an unserem wesleyanischen Erbe fest. Nämlich am «christlichen Glauben, wie er in der Heiligen Schrift offenbart ist. Dieser wird durch die Tradition erleuchtet, durch die persönliche Erfahrung belebt und durch die Vernunft bestätigt» .
Wir sehnen uns nach einer Kirche, die sich auf neue Formen einer connectionalen Kirche zubewegt. Wir wünschen uns eine Generalkonferenz, die sich auf das Wesentliche konzentriert, und dass die Regionen ermächtigt werden, kontextuell relevante Formen zu finden, um den gemeinsamen Missionsauftrag zu leben. Tief verwurzelt in den Grundlagen der Lehre und dem theologischen Auftrag der UMC
Als Bischöfe verpflichten wir uns, so zu leiten, dass es möglichst vielen Laien und Pfarrpersonen möglich wird, in der UMC zu bleiben und - gemeinsam - fortzufahren in unserer Mission «Jünger Jesu Christi zu machen, um die Welt zu verändern». Und weil wir Teil der Universalkirche sind, streben wir nach sichtbarer Einheit im Dienst mit anderen Teilen des Leibes Christi — vereint in Gottes Mission für die ganze Menschheit und die ganze Schöpfung.
Wir setzen uns dafür ein, die Ortsgemeinden zu stärken, in denen das Wort Gottes gepredigt wird und Christus verkündigt wird. Wo im Abendmahl der Tisch für alle gedeckt ist, die nach Gerechtigkeit hungern und dürsten, im Vertrauen auf das Gebet, das wir gelernt haben zu sprechen und zu teilen:
- Mach uns eins mit Christus - das ist die Treue im Glauben.
- Mache uns eins miteinander - das ist Einheit im Glauben.
- Mache uns eins im Dienst an der ganzen Welt – um Frucht zu bringen.
Das ist die United Methodist Church, die wir lieben und der wir dienen!
Unterzeichnet vom Rat der Bischöfe
Der United Methodist Church
3. November 2021
(Dies ist eine Übersetzung des Englischen Originals hb)
Antwort des pensionierten Bischofs Heinrich Bolleter
zur Sondersitzung der Jährlichen Konferenz der Vereinigten Methodistischen Kirche, Samstag, 30. Oktober 2021, in Warschau, Polen (Video unter ‘Aktuelles‘ auf dieser Webseite).
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Sehr geehrter Bischof Patrick Streiff,
Sehr geehrter Leitender Superintendent Andrzej Malicki
Sehr geehrter ehemaliger Generalsuperintendent Edward Puslecki
Liebe Brüder und Schwestern in Christus
ich war zutiefst bewegt, als ich von der Nominierung für den UM-Kirchenpreis hörte und davon, dass er anlässlich des 100-jährigen Bestehens der Kirche in Polen verliehen werden soll.
Siebzehn Jahre lang, von 1989 bis 2006, habe ich als aktiver Bischof der UMC in Mittel- und Südeuropa gedient. Dies schließt 17 Jahre der Aufsicht und Unterstützung der Kirche in Polen ein.
Die UMC in Polen wurde 1920 ins Leben gerufen. Während der Zeit des Zweiten Weltkriegs und des Kommunismus von 1945 bis 1989 war die Tätigkeit der Kirche sehr eingeschränkt. Die Verstaatlichung von Kirchengebäuden traf die UMC in Polen hart.
Nach 1989 haben wir zusammen mit dem Generalsuperintendenten und dem Kirchenrat die Kirche in eine neue Ära geführt. Wir lernten gemeinsam, dass die Dinge nicht so sein müssen, wie sie immer waren. Durch die Kraft des Heiligen Geistes kann es zu Veränderungen kommen.
Ein neues internes Gesetz der UMC in Polen wurde eingeführt - und vom Staat anerkannt. Aktivitäten für Kinder und Frauen wurden entwickelt, umfangreiche Radio- und Fernseharbeit gab der Kirche ein öffentliches Profil. Ein theologisches Seminar ermöglichte die Ausbildung von Pastoren und Laien. Heute unternimmt die UMC in Polen große Anstrengungen, um ein gemeinsames christliches Zeugnis mit anderen Kirchen im Land zu geben.
Die Auszeichnung, die ich heute erhalte, ist in gewisser Weise die zweite. Der erste Preis, der mir in Polen verliehen wurde, war die Erklärung des Generalsuperintendenten Edward Puslecki. Er sagte: "Unser Bischof hat eine polnische Seele!" Das hatte mich in meinen Absichten bestätigt. Ich wollte keine Lösungen und Rezepte von außen bringen, sondern ich wollte gemeinsam mit den Verantwortlichen in Polen polnische Lösungen finden. Als ich meiner Frau Martha zu Hause stolz erzählte, dass ich für den "polnischen Charakter meiner Seele" geehrt worden war, freute sie sich, erklärte aber: "Bitte nicht zu viel Polnisch für mich! Sie wusste, dass wir im Denken und Handeln unterschiedlich sind, aber in Christus zusammengehören. Im Geiste Christi und von seiner Liebe geleitet, können wir Unterschiede akzeptieren und lernen, einander noch besser zu verstehen. Das ist die Erfahrung, die wir in der Zentralkonferenz von Mittel- und Südeuropa machen.
Ich schließe mit der Einladung, Johannes 14,12+14 zu hören: Jesus sagte zu seinen Jüngern:
"Wahrlich, ich sage euch: Wer an mich glaubt, der wird die Werke tun, die ich getan habe, und er wird noch größere tun als diese. - Ihr könnt mich um alles bitten in meinem Namen, und ich werde es tun."
Brüder und Schwestern, wir feiern das 100-jährige Bestehen des Dienstes und der Mission der UMC in Polen. In diesen schwierigen Zeiten haben wir oft das Gefühl, dass wir nicht die Kraft und die Mittel haben, das zu tun, wozu wir berufen sind. Jesus sagte zu seinen Jüngern: "Ihr werdet noch größere Dinge tun als diese".
Gemeinsam werden wir die Kirche und die Welt verändern!
Amen.
Heinrich Bolleter, Bischof im Ruhestand
(mit Unterstützung für das Video von Cedric Bolleter)
Response of the retired Bishop Heinrich Bolleter
to the Special Session of the Annual Conference of the United Methodist Church, Saturday, October 30th, 2021, in Warsaw, Poland (Video).
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Dear Bishop Patrick Streiff,
Dear leading Superintendent Andrzej Malicki
Dear past General Superintendent Edward Puslecki
Dear Brothers and Sisters in Christ
I was deeply moved when I heard about the nomination for the UM Church Award; and that it shall be delivered on the 100th anniversary of the Church in Poland.
During seventeen years from 1989 to 2006 I was serving as active Bishop of the UMC in Central and Southern Europe. This includes 17 years of oversight and support of the Church in Poland.
The UMC in Poland came into being in 1920. During the period of World War Two and Communism from1945 to 1989, the church's activity was very limited. The nationalization of church buildings hit the UMC in Poland hard.
After 1989, together with the General Superintendent and the Church Council, we were leading the church into a new era. We were learning together that things don't have to be the way they always have been. Through the power of the Spirit change can come.
A new Internal Law of the UMC in Poland was installed — and recognized by the state. Activities for children and women were developed, extensive radio and television work gave the church a public profile. A theological seminary enabled the training of pastors and lay people. Today the UMC in Poland is making great efforts to demonstrate a common Christian witness with other churches in the country.
The award, I am receiving today is in some way the second one. The first prize of recognition in Poland for me was the statement of the General Superintendent Edward Puslecki. He said: "Our bishop has a Polish soul!" That had confirmed my intentions. I did not want to bring solutions and recipes from outside, but I wanted to find Polish solutions together with the leaders in Poland. When I proudly told my wife Martha at home that I had been honored for the "Polish Character of my soul”, she rejoiced, but declared: 'Please not too much polish for me!’ She knew, we were different in thinking and acting, but belong together in Christ. In the spirit of Christ, and guided by his love, we can accept differences and learn to understand one another even more deeply. This is the experience we share within the Central Conference of Central and Southern Europe.
I am closing by inviting to hear John 14,12+14: Jesus said to his disciples:
“Very truly, I tell you, whoever believes in me will do the works I have been doing, and they will do even greater things than these. — You may ask me for anything in my name, and I will do it.”
Brothers and sisters, we celebrate 100 years of ministry and mission of the UMC in Poland. In these challenging times, we often feel that we have not the strength and the resources to do, what we are called for. Jesus. said to his disciples: “You will do even greater things than these”.
Together, we will transform the Church and the World!
Amen.
Heinrich Bolleter, Bishop retired
(by assistance for the video by Cedric Bolleter)
Die Freude am Evangelium bleibt.
Meine Berufung war und bleibt in der Freude am Evangelium verankert. Es hatte viele Freuden-Verderber im Dienst der Kirche gegeben, aber die Freude am Evangelium kann mir nicht genommen werden. Sie bleibt der Ansporn auf meinem Pilgerweg .
In der Zeit von 1989 bis 2005 hat mein Pilgerweg als Prediger noch eine weitere Farbe bekommen. Die Predigten in meinem Archiv zeigen in dieser Periode eine deutliche Prägung durch meinen Dienst als Bischof der EMK von Mittel- und Südeuropa.
Die über 150 «Konferenzpredigten» habe ich nun aussortiert, um sie weiterhin zu archivieren. An jeweils sieben Jährlichen Konferenzen pro Jahr hatte ich verschiedene Predigtdienste wahr zu nehmen, etliche davon anlässlich eines Ordinationsgottesdienstes mit der Beauftragung von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Einige der Botschaften sind eher kurz, da sie ja simultan in die Sprachen der jeweiligen Konferenzen übersetzt werden mussten. Andere hatten sich ausführlicher mit dem Thema der Jährlichen Konferenz befasst.
Der heutige Pilgerweg durch das Predigtarchiv hat sehr viele Erinnerungen lebendig gemacht. Es war eine reiche Zeit.
Neben den Predigtdiensten an den Konferenzen kamen die Predigtdienste in den Gemeinden und kirchlichen Werken: Jubiläen, Gemeindepartnerschaften zwischen West und Ost, Veränderung der Bezirksgrenzen, Allianzgottesdienste und viele andere Anlässe führten zu diesen Gemeindebesuchen. Beim durchstöbern hielt ich auch die Manuskripte von Beerdigungen in der Hand. Noch einmal bewegt mich mein Auftrag an der Beerdigung von Staatspräsident Boris Trajkovski in Skopje 2004 zu tiefst.
Der Pilgerweg der Predigterinnerungen führte mich zu einem Dienst in der historischen Central Hall in London 2001. Oder 1989 in der Synode der Eglise Protestante in Belgien. Trauungen, aber auch Radiopredigten und andere Botschaften, welche ich im Rahmen des VFG, der AGCK, des SEK und internationalen Tagungen weitergeben durfte, erwecken lebendige Erinnerungen.
Der heutige Pilgerweg durchs Predigtarchiv beansprucht mich stark. — Ich brauche eine Pause.
Unterdessen regnet es draussen immer stärker. Am Geländer des Balkons werden die glitzernden Wassertropfen, welche wie Perlen glänzen, immer schwerer und fallen letztlich hinunter auf den Betonrand des Balkons. Ähnlich ergeht es auch den Bischofs-Predigten.
215 Manuskripte aus der Zeit von 1989 – 2005 habe ich heute morgen entsorgt.
Grosser Gott, dank Deiner grossen Liebe und Barmherzigkeit konnte ich die vielen Dienste tun. Bei der Auslegung Deines Wortes ist es mir stets warm ums Herz geworden. Menschen wurden auf ihrer Pilgerfahrt des Lebens angesprochen. Frucht ist nicht ausgeblieben!
Dankbar lasse ich los. Die Freude am Evangelium bleibt.
Heinrich Bolleter
Alles hat seine Zeit.
Auch Predigten haben ihre Zeit.
Ich würde wahrscheinlich keine Predigt aus dem Archiv ziehen, um sie noch einmal «auf zu wärmen». Die Auslegungen des Wortes Gottes sind eben auch der Vergänglichkeit unterworfen.
Von 1974 bis 1989 hatte ich jedoch alle Notizen zu den Predigten und Ansprachen als Dokumentation in Boxen abgelegt. Die meisten Notizen waren handschriftlich. Physisch waren diese Notizen viel Papier, alles im gleichen A-5 Format, damit es als Predigtnotiz handlicher war. Wozu habe ich eigentlich diese über 900 Notizen gesammelt? Nun, es waren von mir erarbeitete Texte. Oft ging es leicht, manchmal schwer, oft waren es geschenkte Botschaften, manches Mal auch erkämpfte Übersetzungen der biblischen Wahrheiten.
Diese Texte habe ich heute durchstöbert und dann entsorgt. Dazu habe ich ein Dankgebet gesprochen. Es war doch alles lauter Gnade, wenn es gelingen durfte, die Menschen mit diesen Elaboraten anzusprechen.
Verbunden mit den Werkstücken sind auch die vielen Erinnerungen an Menschen auf drei Gemeindebezirken. Die Erinnerungen an 15 Jahre im Dienst auf drei Gemeindebezirken! Sicher eine der besten Zeiten in meinem Dienst und Leben.
Alles hat seine Zeit: Auch Aufräumen hat seine Zeit. Worte der Betroffenheit und der Begeisterung sind zu Papier geworden und nun entsorgt.
Dankbar lasse ich los.
Die andere Dimension meines Dienstes wird nachhaltiger sein. Jesus sagte doch: Was ihr einem dieser Geringsten getan habt, das habt ihr mir getan!
Heinrich Bolleter
‚Es ist nicht gut, dass der Mensch allein sei‘
Genesis 2,18
Es gibt einen Unterschied zwischen Einsamkeit und Alleinsein.
Einsamkeit ist kaum sichtbar. Aber sie ist weit verbreitet. Bei der letzten Gesundheitsbefragung gab über ein Drittel der Bevölkerung in der Schweiz an, sich manchmal oder oft einsam zu fühlen.
Gerade in der Zeit der Pandemie braucht es eine Sensibilisierung der Bevölkerung dafür, dass Vereinsamung ungesund ist.
Es gibt einen Unterschied zwischen Einsamkeit und Alleinsein.
Einsamkeit bedeutet keine oder fast keine Sozialkontakte mehr zu haben. Solche Einsamkeit macht krank! Wir Menschen sind nicht dazu geboren in Isolation zu leben. Wir brauchen ein gewisses Mass an Beziehung und Anregung in der menschlichen Gemeinschaft. Alleinsein ist ein selbstgewählter Alleingang. Manchmal braucht der Mensch eine Distanz zu den alltäglichen Herausforderungen und den vielen Kontakten, um zu sich selber zu kommen und das Leben selbstbestimmt gestalten zu können.
Ein pensionierter Pfarrer der United Methodist Church, er hat irische Wurzeln und lebt heute allein in Kalifornien (USA), hat sich neulich auf Facebook mit dem Thema auseinandergesetzt.
Seine Gedanken haben mich fasziniert. Sie sind vielleicht auch Trost für andere Menschen, die anfangen an der Isolation durch die Pandemie zu leiden. Nach dem Original-Text auf Englisch werde ich eine Übersetzung in die deutsche Sprache versuchen.
“Solitude is the glory of being alone and
loneliness is the pain of being alone.”
Paul Tillich
God does not take away our aloneness...
it is our destiny.
To exist is to be separate,
but we are created
for union and reunion.
The pain of being alone
becomes the tomb where
true self is buried...
beneath the tyranny
of expectations...our own and others.
The pandemic heightens
the pain of being alone
but...
we are also made for solitude,
the glory of our aloneness...
we can learn to go there often.
Written by Jim White
Die «Solitüde» ist die Schönheit und der Glanz des Alleinseins
Und Einsamkeit meint den Schmerz, allein zu sein.
Paul Tillich
Gott mutet uns Einsamkeit zu ...
Es ist unser Schicksal, weil
Existieren auch getrennt-sein bedeuten kann.
Geschaffen sind wir jedoch
für ein Leben in Gemeinschaft.
Der Schmerz, allein zu sein,
kann zum Grab werden,
wo das wahre Selbst begraben wird
unter der Tyrannei der Erwartungen ...
unseren eigenen und die der Anderen.
Die Pandemie verstärkt
Den Schmerz, allein zu sein;
jedoch...
wir sind auch für das Alleinsein gemacht,
wir kennen ebenso die Schönheit
und den Glanz des Alleinseins.
Und wir können lernen,
die «Solitüde» als Zufluchtsort zu suchen.
Geschrieben von Jim White,
übersetzt von Heinrich Bolleter
Anmerkung: «Solitüde» wird ein Schloss in der Nähe Stuttgarts genannt, wohin die Herrschaften sich zurück zu ziehen pflegten. Das Wort «Solitüde» für Einsamkeit ist demnach positiv besetzt. Es entspricht dem Alleinsein, welches der Mann oder die Frau zum eigenen Wohl immer wieder sucht. Für Jim White ist die «Solitüde» der abgelegene Meeresstrand, wo er oft spazieren geht.
„Wenn ich wüsste, dass morgen die Welt unterginge, würde ich heute noch ein Apfelbäumchen pflanzen“, soll Martin Luther einst gesagt haben.
Wahrscheinlich wurde dieser Spruch dem Reformator später in einer schwierigen Zeit, zwischen Verzweiflung und Hoffnung in den Mund gelegt. Aber das Wort passt auch für uns heute. Was für einen Baum pflanzen wir heute, damit er in der Zeit nach der Pandemie Früchte hervorbringen kann?
Viele Länder wollen aus der Notlage und den Restriktionen der Pandemie zurück in die «Normalität» finden. Das soll Schritt um Schritt geschehen, sobald es gelingt, die Ansteckungen durch das Virus zu stabilisieren und zu kontrollieren.
Jedoch sind damit die Sorgen und Ängste nicht überwunden. Die Angst vor einer zweiten grossen Ansteckungswelle bewirkt eine sehr langsame Öffnung. Vielen geht es zu langsam, weil die Wirtschaft sehr unter den Restriktionen leidet. Werden wir die Weisheit haben, einen gangbaren Weg in die Zukunft zu finden?
Als Kirche leiden wir unter den Restriktionen wegen des Versammlungsverbots. Ich finde es jedoch erstaunlich, mit wieviel Mut und Kreativität unsere Pastoren und Pastorinnen und auch Laienpersonen dennoch die Menschen mit der guten Botschaft erreichen. Wo in den Häusern kein Internet zur Verfügung steht, werden die Predigten in gedruckter Form ins Haus gebracht. Auch das fürsorgliche Nacheinander Fragen am Telefon ist eine grosse Hilfe für alle, welche zu Hause eingeschlossen sind. Mit Liebe, Mut und Fantasie stellen wir uns der Krise entgegen.
Und wir blicken alle hoffnungsvoll auf die Zeit nach der Pandemie.
Aber wohin gehen wir wirklich? Was bedeutet die sogenannte Rückkehr zur Normalität? Mich beschäftigt diese Frage. Was wird nach der Pandemie anders sein?
Liegt in dieser Krise auch eine Chance, dass wir in der Gesellschaft neue Wege gehen werden? Neue Wege, welche aus dem egoistischen Wettlauf nach Glück und Reichtum zu einem neuen Miteinander Teilen und Aufeinander Achten führen?
Was können wir als Kirche lernen? Ist nicht die Verbreitung der Botschaft auf neuen Wegen — zum Beispiel über das Internet— eine neue Möglichkeit auch Menschen ausserhalb der Gemeinden zu erreichen? Wie kann das weitergehen?
Ich hoffe, dass wir nicht zu schnell wieder in den normalen Verlauf unseres kirchlichen Lebens zurückkehren werden, sondern uns echt fragen, was in der Zeit nach der Pandemie unser Auftrag ist.
Durch die Pandemie sind auch einige Fragen in Kirche und Gesellschaft in den Hintergrund geraten: Armut, Arbeitslosigkeit, Populismus, Fremdenfeindlichkeit, Migration ... Wo werden wir da die Prioritäten setzen?
Jeder und jede soll sich selber fragen: «Was will ich nach der Corona Krise für mich persönlich, für die Gemeinde und für mein Dorf, für meine Stadt positiv verändern und neu wagen?»
Ich bete für uns, dass wir als Einzelne und als Kirche nicht einfach zum «courant normal» übergehen werden. Vielleicht sind wir noch etwas ratlos, aber der auferstandene Christus ist uns schon in die neue Zeit voraus gegangen. Ihn dürfen wir um Hilfe bitten, damit wir mit Weisheit, mit Liebe und mit Kraft in die Zeit nach der Pandemie gehen.
Ich bin zuversichtlich, dass unser Weg in der Nachfolge Jesu uns bereit macht für die neue Zeit. Jesus gibt uns durch den heiligen Geist Kraft zum Dienst, die Liebe zu allen Menschen und auch die Besonnenheit gemeinsam dran zu bleiben.
Ja, weil wir wissen, dass morgen die Welt nicht untergeht, werden wir noch heute «das Apfelbäumchen pflanzen» — wie unsere Geschwister im Glauben es schon in anderen Krisenzeiten getan haben.
Heinrich Bolleter, Bischof im Ruhestand
Geschrieben für die Slovakische Zeitschrift der EMK in Serbien
Marta und ich haben in unserer Nachbarschaft erlebt, wie der Verlust eines geliebten Menschen besonders schwierig zu verarbeiten ist, wenn wir uns an die Verhaltensregeln der Pandemiezeit halten müssen. Für den Abschied auf dem Friedhof war nur der engste Familienkreis zugelassen. Wir haben der trauernden Familie einen Brief geschrieben und darauf auch eine Antwort bekommen. Trotzdem haben wir das Gefühl, dass wir einander etwas schuldig geblieben sind.
In dieser Zeit, wenn wir uns physisch voneinander fernhalten müssen, ist es für uns deshalb wichtiger denn je, dass wir uns im Gebet verbunden wissen.
Auf dem Weg durch die Passionszeit zum Osterfest ist beides in unseren Gedanken präsent: das Klagen über die lebensbedrohende Pandemie und das Vorausschauen auf Ostern mit der Botschaft vom Sieg des Lebens.
In dieser Zeit, da das normale Leben durch das neue Coronavirus unterbrochen und bedroht wird, halten wir inne vor Gott.
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O Gott der Lebendigen,
Dein Osterlicht gibt uns Mut für den langen Weg in die Zukunft. Es sagt uns, dass das Leben stärker ist als der Tod.
Wir bitten Dich, schenke uns Phantasie und Liebe füreinander in unserem Lebenskreis und für alle Menschen in dieser Welt.
Gib uns Demut und Disziplin, damit wir der Überwindung der Pandemie eine Chance geben.
Tröste und heile die Kranken. Segne und beschütze alle, welche sich einsetzen, Kranke zu pflegen und Leben zu retten. In besonderer Weise bitten wir für alle, welche durch diese Pandemie Angehörige verloren haben.
Wir bitten Dich für die Regierenden, welche eine grosse Verantwortung tragen und Entscheidungen für den Weg in eine neue Zukunft fällen müssen.
Wir bitten für ein baldiges Ende der Bedrohung durch Covid-19, für eine Aufhebung der Restriktionen, welche uns persönlich betreffen, aber auch die ganze Gesellschaft durch die wirtschaftlichen Folgen.
Inmitten der eigenen Betroffenheit bitten wir auch für alle Menschen, welche unter Krieg, Diskriminierung, Ausgrenzung, Stigmatisierung und Fremdenfeindlichkeit leiden. Stärke unseren Sinn für Gerechtigkeit, eine Gerechtigkeit, welche Deiner Barmherzigkeit und Deinem guten Willen entspricht.
Wir bitten Dich, Gott, um Dein spürbares Nahe-Sein unter den Menschen und in Deiner ganzen Schöpfung. Wir bitten um Solidarität und um Frieden in dieser bedrohten Welt.
Stärke uns den Oster-Glauben.
Öffne uns die Augen für ein neues Miteinander — sowohl in den Kirchen aber auch in der vielfältigen Menschen-Welt.
Amen.
Jahreslosung 2020
«Herr, ich glaube, hilf meinem Unglauben».
Markus 9,24
Der Evangelist Markus bringt im Kapitel 9 das Thema ‘Glauben’ zur Sprache. Er macht das so, dass er den Glauben nicht mit dem Schauen verwechselt. Glaube ist eine Realität, auch wo wir nichts sehen und doch Vertrauen.
Das Wunder der Heilung des epileptischen Knaben bewirkt nicht den Glauben. Die Heilung ist die Nachträgliche Demonstration der Vollmacht Jesu. Die Vollmacht zu heilen ist geheimnisvoll gebunden an den Messias.
Das Wunder erhält dadurch eine veränderte Funktion. Es ist nicht die Ermöglichung und Voraussetzung des Glaubens, sondern soll demonstrieren, dass das Vertrauen auf Jesus, den Christus, sich im Nachgang bestätigt.
Die Jünger, welche den epileptischen Knaben nicht heilen konnten, mussten lernen, dass ihnen Glaube und Vollmacht nicht zur Verfügung stehen. Beides ist stets neu Gottes Gabe.
Bonhoeffer sagte: «Glaube empfangen wir von Gott. Glaube ist seine Gabe an uns. Und Glaube empfangen wir von Gott immer nur so viel, wie wir gerade für den gegenwärtigen Tag brauchen». Gleiches lässt sich auch über die Vollmacht zu heilen sagen.
Glaube ist der Verzicht auf eigenmächtige Antworten und Lösungen. Glaube orientiert sich am Messias, der anders denkt, anders handelt, und der um den wahren Kairos zum Handeln weiss.
Wer glaubt, rechnet mit Gott und deshalb mit Wegen, die wir bisher nicht für möglich gehalten haben.
Wer glaubt, rechnet mit Gott und deshalb mit Wegen, die auch in der Tradition der Väter und Mütter undenkbar waren. Was ich erlebe, oder was andere erleben, muss nicht in unser frommes Koordinaten-System passen.
Der Glaube an Jesus Christus ist ein Geschenk, damit wir beieinander bleiben können trotz unterschiedlicher Überzeugungen und Erwartungen im Leben und im Glauben. Der Glaube erwartet, dass Christus in unserer Mitte ist, auch wenn wir verschiedene Ansichten und Erwartungen haben. Die Liebe Christi wird über unsere Vorurteile siegen.
Glaube blüht in seiner Schönheit und Freiheit gerade da auf, wo wir nicht alles erklären und einordnen müssen, sondern wo auch das Andere, das Fremde und Unerwartete sein darf und wir es gelassen anschauen können.
Glaube und Unglaube schließen sich nicht aus, sie gehören irgendwie zusammen. In beidem steckt das Geheimnis der Souveränität Gottes. Darum hat das Gebet seinen festen Platz im Leben der Nachfolger und Nachfolgerinnen Jesu. Sie sind nicht die Titanen des Glaubens. Sie wissen, dass alles Gabe und Gnade bleibt.
So lädt die Geschichte in Markus 9 ein, stets neu zu bekennen und zu bitten: «Herr! ich glaube, hilf meinem Unglauben».
hb
«Mut zum Experiment» — Ein persönliches Statement
Vor rund 50 Jahren waren wir als EMK in der Schweiz in einer Aufbruchsphase. Es ging vorwiegend darum neue Wege zu gehen, um die Menschen in den wachsenden Agglomerationen zu erreichen. Die begleitende Struktur für neue Aufbrüche in Mission und Diakonie wurde durch ein Team gewährleistet, welches «Mut zum Experiment» genannt wurde. Das Team berichtete über die Kommission für kirchliche und theologische Fragen an die Jährlichen Konferenzen.
Ich wünsche der Kirche heute in der Polarisierung rund um die ethische Frage der menschlichen Sexualität mehr «Mut zum Experiment».
Ich schätze die weltweite Connexio in der United Methodist Church. Zumeist habe ich sie als Bereicherung erfahren. In einzelnen Themen erlebe ich die Connexio auch als Belastung. Seit der Generalkonferenz von 1972 verbrauchen wir viel zu viel Energie, um uns in den Fragen der menschlichen Sexualität und den entsprechenden, prohibitiven Weisungen in der Kirchenordnung auseinander zu setzen. Wir errichten Zäune und schmerzliche Grenzen, mit welchen wir uns einschliessen oder andere ausschliessen. Seit der Generalkonferenz 1976 verfolge ich persönlich diesen Streit in unserer weltweiten Kirche als Delegierter an die Generalkonferenz und später als Bischof der Kirche. Der Streit ist fruchtlos und schwächt unsere missionarische Kraft. Wir sollten uns weniger hinter Gesetzen und Paragraphen verschanzen, sondern der eigenen ethischen Verantwortung und Gestaltungskraft mehr vertrauen. Unsere Herzen sind in dem anhaltenden Streit hart geworden, und wir tragen eine Tendenz zur «Inquisition» in uns. Wie können wir die unsägliche Polarisierung, in welche wir uns hineinmanövriert haben, zivilisieren?
Bei keinem anderen Thema legen wir die Heilige Schrift des Alten Testamentes so ausgrenzend und aggressiv aus. Ich zitiere dazu aus 5. Mose 27, 11 ff: « Verflucht sei, wer seinen Vater oder seine Mutter verunehrt; Verflucht sei, wer seines Nächsten Grenze verrückt; Verflucht sei, wer das Recht des Fremdlings, der Waise und der Witwe beugt». Das sind Bannflüche, welche der Ordnung in den Zehn Geboten folgen. Sie sind besetzt von der Angst, das Volk Gottes könnte in und nach der babylonischen Gefangenschaft seine Identität verlieren. Gesetzlichkeit ist oft eine Folge der Angst.
Warum sind wir nicht fähig den Sitz im Leben der alttestamentlichen Gesetze zu erkennen und uns um so mehr an Jesu Wort und Leben zu orientieren? Dass wir Jesus nachfolgen und von ihm lernen wollen, ist unser aller Begehr. Ich lade dazu ein, in einzelnen sozialethischen Fragen durch die Orientierung an Jesus uns gegenseitig verantwortliches Handeln zu zutrauen und verschiedene Wege zu akzeptieren. Nur so funktioniert eine Gemeinschaft, welche den Pilgerweg in Freiheit und Verantwortung in der Nachfolge Jesu gehen will.
Für ein Moratorium, welches die eine Streitfrage, die uns nun schon bald 50 Jahre in der weltweiten Kirche beschäftigt, ausklammert, ist es wohl zu spät. Dabei sollten wir uns als Kirche dringendst anderen, wichtigeren, diakonischen und missionarischen Themen zuwenden. Ich leide zurzeit an unserer Kirche. Sie ist wie mit Blindheit geschlagen, und ich hoffe und bete dafür, dass die Kirche geheilt wird und sich wieder ihren eigentlichen Aufgaben zuwendet: der Welt das Evangelium vom Reiche Gottes und von seiner versöhnenden und heilenden Kraft zu verkündigen, und das auch vorzuleben. Wir folgen nicht unkritisch den Veränderungen in der Zivilgesellschaft, sondern orientieren uns an Jesus, der damals und heute unter dem Gebot der Liebe neue Wege führt.
Ich würde es unserer Zentralkonferenz und den einzelnen Jährlichen Konferenzen zutrauen, ein offenes Leitbild zu erarbeiten, welches einen Rahmen gibt, um anderen Überzeugungen Raum zu geben und sie in der Nachfolge Jesu verantwortlich auszugestalten. Das wäre «Mut zum Experiment». Dabei bleiben wir als Bundespartner in der Nachfolge Jesu in einer Kirche vereint. Wir berufen uns auf den einen Herrn, in dessen Auftrag wir stehen. Ganz im Sinne des Epheserbriefes.
«Überhebt euch nicht über andere, seid freundlich und geduldig! Geht in Liebe aufeinander ein! Setzt alles daran, dass die Einheit, wie sie der Geist Gottes schenkt, bestehen bleibt. Sein Friede verbindet euch miteinander. Gott hat uns in seine Gemeinde berufen. Darum sind wir ein Leib, und es ist ein Geist, der in uns wirkt. Uns erfüllt ein und dieselbe Hoffnung. Wir haben einen Herrn, einen Glauben und eine Taufe. Und wir haben einen Gott. Er ist unser Vater, der über allen steht, der durch alle und in allen wirkt» (Epheser 4, 2 – 6; aus Hoffnung für alle).
Nach meinen vielen Dienstjahren als Pfarrer und als Bischof kann ich mit Überzeugung sagen, dass die Evangelisch- methodistische Kirche nicht geneigt ist, sich wegen einzelnen, schwer zu deutenden Schriftstellen so verunsichern zu lassen. Ich glaube, dass Jesus in unserer Mitte ist. Sein Reden, Leben und Lehren leitet uns an, eine liebevolle und integrative Glaubensgemeinschaft zu schaffen. Ich bete für die Kirche. Und ich erhebe meine Stimme zur Bestätigung unserer großen Tradition der gelebten Gnade.
Praktisch sähe das vielleicht so aus, dass wir die übergeordnete Verfassung und die Ordnung der weltweiten UMC stehen lassen. Das ‘Book of Discipline’ ist der Rahmen, welchen sich die weltweite Gemeinschaft zurzeit gegeben hat. Aber eine Jährliche Konferenz (welche ja die grundlegende Körperschaft in der UMC ist) oder in deren Namen die Zentralkonferenz, kann aus missionarischen Überlegungen die Verantwortung übernehmen, mehr Flexibilität zu zulassen. Es geht darum, einen Rahmen zu schaffen, in welchem einzelne Gemeinden, oder auch Pastoren und Pastorinnen ihre offene Überzeugung umsetzen können. Kriterien sollen sein, dass sie dem Auftrag Jesu dienen, um Menschen in die Gemeinschaft mit ihm zu führen. So könnten einzelne Gemeinden entstehen, welche sich als «LBGTQ freundlich» deklarieren. Ihre Mitarbeiter oder Mitarbeiterinnen wären frei, gemäss ihrer Überzeugung zu handeln. Sie stehen unter der Aufsicht des Kabinetts und der Jährlichen Konferenz. Sie bleiben aber von kirchenrechtlichen Anklagen und Aburteilungen verschont. Die Kirchenordnung und die Reglemente der Zentralkonferenz könnten später angepasst werden, wenn es vertiefte Erfahrungen mit diesem «Mut zum Experiment – Projekt» gibt. Einzelne PfarrerInnen und/oder Gemeinden sollen sich in diesem Projekt für eine Öffnung in den Fragen zur Homosexualität und Ehe für alle entscheiden können. Jedoch kann niemand verpflichtet werden, gegen sein Gewissen Dienste zu übernehmen, welche nicht seiner Überzeugung entsprechen.
Für einen solchen Weg braucht es, wie der Epheserbrief sagt, ein aufeinander-zu-gehen in Freundlichkeit, Demut und Geduld.
Wer die Kirche als lernende Weggemeinschaft in der Nachfolge Jesu sieht, der sollte den Mut zu einem solchen experimentellen Weg haben.
Heinrich Bolleter, Bischof im Ruhestand
Im November 2019
Die Erfahrung mit multikulturellen Gemeinden zeigt, dass eine solche Gemeinschaft unter einem Kirchendach nicht ohne Spannungen abläuft. Deshalb wollen wir vermehrt darüber nachdenken, wie wir miteinander umgehen.
‘Auf Augenhöhe’ ist ein Schlagwort unserer Zeit geworden. Damit reden wir zumeist die Probleme im Zusammenleben schön. Niemand will als unfair gelten. Aber die realen Verhältnisse sind anders. Da begegnen sich Menschen mit ganz unterschiedlichen Lebensgeschichten und Lebenssituationen. Das kann reizvoll sein, aber auch belastend für beide Seiten. Es gibt Helfer und Hilfebedürftige, Privilegierte und Gedemütigte, Mächtige und Ohnmächtige. Wir haben unsere Bilder über die anderen. Wie gehen wir mit Vorurteilen (Stereotypen) um? Die Bemühungen um ‘Augenhöhe’ können nicht darüber hinweg täuschen, dass ein Gefälle oder ein Graben da ist. Ja, die Bemühungen auf Augenhöhe zu reden, zu entscheiden und zu handeln führen auch zu Enttäuschungen und Überlastungen und entwickeln eine angespannte Atmosphäre.
«Auf Augenhöhe» biblische Anregungen
«Haltet euch nicht selbst für klug…» (Römer 12,16b)
«...sondern in Demut achte einer den andern höher als sich selbst» (Philipper 2,3b).
Der Apostel rät zu einem produktiven Vorurteil: «Haltet euch nicht selbst für klug…». Der andere könnte recht haben! Höre auf ihn. Achte sein Verhalten. Du kannst nur lernen. Lauf nicht davon, wenn einer dich kritisieren will, es könnte sein, er hat Recht. Was ist der Grund, warum er dir seine Meinung sagen will? In der Regel gibt es einen Grund, und es wird sich lohnen, ihn herauszufinden.
«Haltet euch nicht selbst für klug, sondern in Demut achte einer den anderen höher als sich selbst». Immer mehr fasziniert mich die Lebensweisheit, die in diesen beiden einfachen Sätzen gefasst ist. Wenn wir uns im Recht fühlen, wenn wir die verachten, von denen wir uns nicht respektiert fühlen, wenn wir uns nicht ernstgenommen fühlen, dann mangelt es an gegenseitigem Respekt. Wenn der eine meint, über dem anderen zu stehen, dann bauen wir eine Menschen-Pyramide. Jeder drängt sich nach oben, drückt den anderen hinunter. Die anderen höher achten als sich selbst, das entspricht dem Aufruf, die Würde jedes Menschen hoch zu achten. Diese beiden kleinen Sätze aus den Paulusbriefen können das Netzwerk unserer Beziehungen in Kirche und Gesellschaft verändern.
Noch herausfordernder ist der Ratschlag Jesu an seine Jünger:
«Sie kamen nach Kapernaum und Jesus fragte sie: Was habt ihr auf dem Weg verhandelt? Sie aber schwiegen, denn sie hatten auf dem Weg miteinander gestritten, wer der Grösste sei. Jesus setzte sich, rief die Zwölf und sprach zu ihnen: Wenn jemand will der Erste sein, der soll der Letzte sein von allen und aller Diener» (Markus 9, 33 – 35).
Diese Geschichte über das Zusammenleben der Jünger Jesu zeigt uns, was «auf Augenhöhe» bedeuten kann. Es geht um den gegenseitigen Respekt.
Auf dem Weg nach Kapernaum gibt es peinliche Augenblicke, in denen die Jünger entdecken, wie wenig sie von Jesus gelernt haben auf diesem Weg. Sie hatten auf dem Weg untereinander besprochen, wer der Grösste sei. Das Gespräch war lebhaft und spannend, vielleicht auch verletzend, respektlos, auf den eigenen Vorteil bedacht. Es wurde vor allem peinlich, als Jesus sie später fragte: Worüber sie sich auf dem Weg ereifert hätten. Es war peinlich, und sie schwiegen!
Warum peinlich? So funktionieren wir doch! Es gibt zum Beispiel in Nigeria in der Igbo Sprache ein Wort, das heisst «nkali». Es bedeutet ‘grösser sein als der andere’. Alle definieren ihre Identität und Kultur mit dem Prinzip von «nkali». Der Grössere, der Stärkere ist der Dominante. Das ist nicht nur in Nigeria so. Es ist eine natürliche Grundhaltung des Menschen. Wir denken zuerst an uns selber. Und die Menschen, welche zu uns gekommen sind, denken auch zuerst an sich selbst. Sie sind nicht besser und nicht schlechter als wir.
Es wurde peinlich, als sie sich bewusst wurden, was da geschah: Sie waren mit Jesus auf dem Weg. Sie folgten dem, der nach der Devise lebt: „Ich bin nicht gekommen, um mir dienen zu lassen, sondern um zu dienen und mein Leben hin zu geben als Lösegeld für viele“ (Markus 10, 43 - 45). Diesem Jesus wollten sie nacheifern. Das bedeutete auch einen neuen Umgang miteinander zu lernen. Sie wollten mit Jesus, den Weg der Liebe gehen. Sie wollten sich distanzieren vom Weg der römischen Herrschaft, wo man Menschen unterdrückte. Sie wollten sich distanzieren vom Weg der Griechen, welche den Erfolg allein vom Wissen abhängig machten. Sie wollten mit Jesus den Weg der Nachfolge gehen, wo Respekt, Liebe und Hingabe zum Leitmotiv werden. Und nun stritten sie, wer der Grösste unter ihnen sei. — Das war peinlich! Der Schreiber des Evangeliums, findet, es ist exemplarisch, was da geschieht. Darum berichtet er über das Lehrgespräch Jesu mit den Jüngern: Sie waren in der Stadt Kapernaum angekommen und hatten sich gastlich in einem Hause niedergelassen. „Und Jesus setzte sich, rief die Zwölf und sprach zu ihnen: Wenn jemand der Erste sein will, sei er der Letzte von allen und der Diener von allen.“ Vielleicht hat sitzendes Lehren etwas zu tun mit Begegnen auf Augenhöhe! In diesem Sinn ist es ein exemplarisches Lehrgespräch. Mit provokanten Worten stellte Jesus die damalige gesellschaftliche Ordnung auf den Kopf! Gibt es da nicht interessante Alternativen zur heutigen Weltordnung oder auch zu unseren Gemeindeordnungen? «Wenn jemand der Erste sein will, sei er der Letzte von allen und der Diener von allen».
Diese Geschichte zeigt uns, was «auf Augenhöhe» bedeuten kann. Es geht um den gegenseitigen Respekt. Gegenseitige Wertschätzunggehört zu unserer christlichen Grundhaltung im Miteinander, in der Gemeinschaft.
Vom biblischen Input her kann eine Verständigung, was «auf Augenhöhe» bedeutet, gewagt werden:
«Auf Augenhöhe» steht für die Achtung, die jeder Mensch dem anderen entgegenbringen soll, gerade auch über die Grenzen der Kulturen und gesellschaftlichen Systeme hinweg. Ein offener Umgang mit vorhandenen Vorurteilen ist wichtig. Gegenseitige Wertschätzung kann im offenen Miteinander gelernt werden und Vertrauen schaffen.
Also: Auf Augenhöhe — was heisst das?
Es ist der Versuch, dass sich Menschen in der Begegnung als tatsächlich gleichwertig sehen und erfahren.
Es geht um das Bewusstsein der Würde des anderen.
Das muss bei jeder Begegnung neu, also im hier und jetzt, eingeübt werden.
Und es ist vor allem eine Frage der inneren Einstellung und
bedeutet im anderen das Antlitz des Christus erkennen.
Worauf wir im multikulturellen Zusammenhang speziell achten sollen:
1. Umgang mit Stereotypen (Vorurteilen)
Wir alle haben diese Bilder über andere und über uns selber. «Die Schweizer sind pünktlich — auf die Menschen aus den südlichen Ländern muss man stets warten». Zuerst muss ich etwas positives über die Stereotypen sagen. Unsere eigene kulturelle Identität wird gestärkt, wenn wir mit Stereotypen positiv umgehen. Oft erkennen wir erst durch die anderen, was typisch an unserer eigenen Kultur ist. So können wir in der Begegnung mit den anderen unsere eigene Identität entdecken und entwickeln.
Wie gehen wir positiv mit kulturgebundenen Stereotypen um? Wenn wir miteinander über unsere Unterschiede lachen können. Urteile und Vorurteile fröhlich benennen. Sie dürfen jedoch nicht verletzend sein! Wenn es weh tut, müssen wir uns Zeit nehmen und darüber sprechen. Und uns, wo nötig entschuldigen. Das tut allen gut.
2. ‘Helfen’ und ‘bestimmen’ — Machtfragen
«Auf Augenhöhe» einander helfen? Die Absicht und die Realität klaffen häufig auseinander. Wenn Probleme auftauchen, entstehen schnell Spannungen und Konflikte. Im Verhalten schalten wir dann auf den „Auto-Pilot-Modus“, d.h. wir reagieren aus dem Affekt. Die Reaktionen folgen dann der Logik des Affekts und nicht mehr der guten Absicht, sich «auf Augenhöhe» zu begegnen. Der Affekt gründet in unserem Unterbewusstsein, welches uns sagt, dass unser Gegenüber eben doch sehr schwierig ist. Das Unterbewusstsein suggeriert uns auch, dass «meine Welt» die einzig wahre und richtige ist, und dass die anderen sich anpassen sollen.
Die Helfenden sind die Stärkeren, aber sie sind nicht immer im Recht. Die Hilfsempfänger müssen mit reden und auch NEIN sagen können. Wir können noch viel lernen.
Wir müssen stets darauf bedacht sein, Verantwortung und Macht zu teilen. Helfen und Bestimmen liegen oft nahe beieinander. In der interkulturellen Beziehung regiert nicht das Mitleid und nicht die Unterwürfigkeit sondern der Respekt.
3. Die Rolle der Angst
Die Angst vor dem Fremden oder die Angst, dass uns die Kontrolle entgleitet, ist im Unterbewusstsein angesiedelt und kann sich unreflektiert leicht in Ablehnung und sogar Hass verwandeln. Hier möchte ich den Epheserbrief 3,17 erwähnen: «Christus soll durch den Glauben in euren Herzen wohnen, damit ihr in der Liebe eingewurzelt und gegründet seid!» Die Liebe Christi verändert unsere Herzen und unseren Umgang mit Gefühlen der Angst und des Hasses. Die Angst baut Mauern, treibt in die Flucht, oder sie entflammt Hass und Gewalt. Eine Afrikanerin erzählt: «Ich habe als Kind erlebt, wie die Gehälter meiner Eltern nicht mehr bezahlt wurden. Wie die Marmelade vom Frühstückstisch verschwand, dann verschwand die Margarine, dann wurde das Brot zu teuer, und dann wurde die Milch rationiert. Und dann verschwand mein Onkel, der sich gegen das Unrecht, die Löhne nicht aus zu zahlen wehrte. So drang die Angst in unser Leben ein und die ‘anderen’ wurden zu unseren Feinden». (Nach Chimamanda Ngozi Adichie / aus Materialien vom Netzwerk rassismuskritische Migrationspädagogik, Baden-Württemberg).
4. Gemeinsame, praktische Erfahrungen helfen zum Verstehen und zum Vertrauen
Es geht darum, einen gemeinsamen Boden schaffen. Dazu ist es wichtig, Fragen zu stellen. Die Kulturen sind wie Eisberge. Vom Eisberg sagt man, dass 10 % sichtbar oberhalb der Oberfläche und 90 % verborgen unterhalb der Oberfläche sind. Die unsichtbaren Teile der anderen Kultur gilt es zu entdecken. Viele Verhaltensweisen sind in den tiefer liegenden Werten einer Kultur verborgen. Diese gilt es zu entdecken.
Praktische Erfahrungen sind gemeinsame Projekte, gemeinsames Gestalten der Gemeindewirklichkeit (Hausordnung), gemeinsames feiern von Festen, gemeinsames Kochen, Essen, Spielen, Reden, Tanzen. So kann man die tiefer liegenden Werte der anderen Kultur entdecken und die Trennung der Gemeinde in ein „wir und sie“ überwinden.
Viele Spannungen entstehen ganz einfach durch den Mangel an Kontakten zwischen den ethnischen Gruppen. Darum sollen vor allem gemischte Kleingruppen gefördert werden. Dazu gehören auch Bibelgruppen Gebetsgruppen, Jugendgruppen etc.
Drei gute Wünsche auf den Weg
1. Achtsamkeit
Bei einer Begegnung auf «Auf Augenhöhe» muss uns bewusst werden, wer das «ICH» ist (Selbstkenntnis), wer das «DU» ist (Kenntnis der anderen Kultur und Eigenart) und wer das «WIR» ist (Gefühle des Miteinanders). Für diese Bewusstseinsbildung sollen wir mehr miteinander sprechen und überhaupt mehr Nähe wagen. Freundschaften sind wichtig.
2. Resilienz
Ausserdem braucht es im multikulturellen Kontext die Fähigkeit, erfolgreich mit belastenden Lebensumständen und negativen Folgen von Stress umzugehen (Resilienz). Verständigung, Frieden und Anerkennung sind nicht passive Haltungen der Nichteinmischung sondern sie wachsen durch intensive und oft komplizierte sowie geduldige Arbeit der Bewusstseinsbildung.
3. Respekt
Die Grundeinstellung im multikulturellen Umfeld ist «Respekt».
«Respekt» lernen wir durch gute Vorbilder auch im christlichen Kontext .
«Auf Augenhöhe»: wenn uns das gelingt, so ist es Gnade! Das hat schon Paulus gesagt. Alles Gelingen ist Gnade.
Als Christen orientieren wir uns vor allem an Jesus:
Jesus wurde Mensch: Für Christen ist die Fleischwerdung ein Ausdruck von Gottes uneingeschränkter Liebe für alle Menschen. Der menschgewordene Jesus bestätigt die Würde aller Menschen.
Jesus war ein Flüchtling: Als Kind fand er in Ägypten Zuflucht. Jesus identifizierte sich mit den Unterdrückten und ruft uns auf, in gleicher Weise mit den Schutzbedürftigen um zu gehen.
Jesus begegnet uns im Antlitz der Fremden:Wenn wir in der Gestalt des Fremden Christus erkennen (Matthäus 25), erkennen wir seine Würde und wir werden selber durch diese Begegnung gesegnet.
Aus dem Referat am Connexio-Weiterbildungstagvom Samstag, 12. Januar 2019, in der Evangelisch-methodistischen Kirche Solothurn.
Heinrich Bolleter, Bischof im Ruhestand
Eine «multikulturelle Gemeinde»: das klingt für viele eher nach einem exotischen Konstrukt.
Ich habe die Realität der Gemeinden, welche multikulturell sind, schon vor 25 Jahren in meinem Dienst als Bischof von Mittel- und Südeuropa erlebt: zum Beispiel in der Voivodina (Serbien) gab es Gemeinden, in welchen Slovaken, Serben, Kroaten, Ukrainer und sogenannte Donauschwaben miteinander lebten. In Nordafrika gab es Gemeinden, in denen Kabylen, Franzosen und Schwarze, welche aus dem Süden von jenseits der Sahara zugewandert waren, zusammen lebten.
Mit der neuen Migrationswelle in Europa sprechen wir auch von einer wachsenden Zahl von multikulturellen Gemeinden. Bei uns in Aarau haben wir viele Farben und Kulturen im Gottesdienst: Asiaten, Afrikaner und Schweizer. Parallel dazu hat sich eine Arabisch sprechende Gemeinde gebildet. Ich würde übertreiben, wenn ich sagte, dass diese Gemeinschaft unter einem Kirchendach ohne Spannungen abliefe. Wir lernen den richtigen Umgang miteinander. Erfahrungen von Respekt und Akzeptanz entstehen im lebendigen und nachhaltigen Austausch miteinander.
Wir haben in der Evangelisch-methodistischen Kirche in der Schweiz zwei klassische Modelle:
1. Das Integrationsmodell — die Miteinandergemeinde
Das erste Modell strebt an, Anderssprachige in der lokalen Gemeinde zu integrieren, d.h. gemeinsam Kirche zu sein und zu gestalten mit den zugewanderten Personen und Gruppen. Das ist eine grosse Herausforderung nicht nur in den gemeinsamen Gottesdiensten, welche Übersetzungskapazitäten und den Willen zu einer grossen Bandbreite erfordern, sondern auch eine breit abgestützte Offenheit für zwischenmenschliche Kontakte und interkulturellen Erfahrungen. So kann ein «Wir-Gefühl» in einer multikulturellen Gemeinde entstehen. Die multikulturelle Gemeinde kann trotz sprachlichen Barrieren durch ihre grosse Kontaktfreudigkeit eine soziale Isolation der Zugewanderten vermeiden. Stefan Moll schreibt über die Erfahrungen in Baden: «Beziehungen und Freundschaften sind zentral. Zusammen kochen und essen ist eine wunderbare Ebene, um sich auf Augenhöhe zu begegnen. Wir beteiligen die Asylsuchenden auch an der Verantwortung für das Gemeindeleben.» (Kolumne in «mein TDS» 2018/30 Seite 14).
2. Die Migrationsgemeinden
Die Sprache ist nicht der einzige Grund für die Bildung einer separaten Migrationsgemeinde. Es ist ein tiefes Bedürfnis nach «Heimat» im fremden Land und in der fremden Kultur. Die Frage stellt sich, ob eine Migrationsgemeinde eine Gemeinde auf Zeit ist oder eine nachhaltige institutionelle Grösse? Man sagt, dass die Kinder der Zugewanderten eher dahin tendieren, Schweizer zu sein und sich den Gruppen aus der Schweizergemeinde anschliessen. Die dritte Generation der Zugewanderten besinnt sich dann eher wieder auf die Wurzeln im Ursprungsland. Migrationsgemeinden werden darum gerade auch von Angehörigen der dritten Migrationsgeneration besucht. Obwohl sich diese leicht in die multikulturelle «Schweizergemeinde» integrieren könnten. Die Migrationsgemeinde bleibt ein Raum der «Schonung», ein Refugium, wo man den Kulturschock abfedern kann. Die Migrationsgemeinde bleibt eine grosse Hilfe gegen die emotionale und soziale Isolation der Zugewanderten. Das Qualitätsmerkmal einer Migrationsgemeinde lautet: «hier sind wir wie eine Familie». Ich weise hin auf das Buch eines arabischen Freundes von Jörg Niederer, Usama Al-Shamani. Er erhielt den Förderpreis der Stadt Frauenfeld. Sein Buch trägt den Titel: "In der Fremde sprechen die Bäume arabisch".
Multikulturelle Erfahrungen — biblische Vorbilder
Die Frage nach biblischen Vorbildern, führt uns zur Feststellung, dass Multikulturalität in der Kirche nicht eine moderne Erscheinung ist. Die Bibel ist voller multikultureller Erfahrungen.
Migration ist präsent in den Berichten des AT und des NT. Das hilft uns die heutigen Gemeinden mit neuen Augen sehen.
Was ich in Kirche und Gesellschaft gesehen habe, hat mich sensibilisiert im Alten und im Neuen Testament diese Texte neu zu lesen. Ich habe entdeckt, dass Gott die Menschen vielfach in interkulturelle Erfahrungen geführt hat, um sie dort im Leben wachsen und reifen zu lassen und in ihrem Dienst zu profilieren und zu stärken.
Gottes Ruf machte die Menschen in biblischen Zeiten zu Grenzgängern und Brückenbauern zwischen den Kulturen.
Ich weise nun auf Beispiele hin, wie Gott Menschen über die eigenen Grenzen von Ethnie und Kultur führte, um sie zum Dienst zu zurüsten und zu berufen.
Moses, der von Gott beauftragte «Retter des Volkes Israel aus Ägypten» ist eine dramatische Illustration, wie Gott über die Grenzen der Kulturen wirkt. Moses ist als Hebräer geboren, wurde im Hofe des Pharao in Ägypten aufgezogen. Auf der Flucht im Lande Midian heiratete er eine Fremde, Zippora, die Tochter Jethros des Priesters von Midian.
Moses sprach mit einem Akzent. Er war ein Aussenseiter bei den Ägyptern und auch bei den Hebräern. Sein Ja zu Gottes Auftrag machte ihn zum Anführer auf der Flucht aus Ägypten.
Naomi und Ruth: Naomi und Elimelech emigrieren aus ihrer Heimat ins Land der Moabiter. Grund war eine Hungersnot. Ihr Mann und die beiden Söhne sterben. So bricht sie mit ihrer Schwiegertochter Ruth, eine Midianiterin, auf, um in das Land der Verheissung zurück zu kehren. Ruth wird durch die Heirat mit Boas Mutter und ein Glied im Stammbaum des Messias.
Im NT ist es Jesus, der in der damaligen multikulturellen und durch Religion geteilten Welt die Grenzen von Religion und Kultur im Namen Gottes überschreitet. Er geht physisch über die Grenzen ins heidnische Gebiet und bricht damit ein Tabu der jüdischen Gemeinde. Er spricht zur Samariterin am Jakobs - Brunnen und durchbricht damit die soziale, kulturelle und religiöse Ordnung seiner Zeit. Dieses Verhalten als «Grenzgänger» war ein Markenzeichen seines Weges und Dienstes. Es könnten noch viele Beispiele zusammen getragen werden.
In der Apostelgeschichtewird berichtet, wie sich die wachsende Zahl der christlichen Gemeinden damit auseinander setzen muss, ob sie ein Abbild der multikulturellen Gesellschaft (vor allem im urbanen Bereich) sein kann — oder sein soll. Juden und Griechen Sklaven und Freie, Männer und Frauen, Reiche und Arme, schlossen sich den christlichen Gemeinden an. Durch das Pfingstereignis und den Missionsauftrag wurden die Gemeinden in Jerusalem und Antiochien multi-ethnisch und mehrsprachig! Der Apostel Petrus bekennt: «Nun erfahre ich in Wahrheit, dass Gott die Person nicht ansieht. Sondern Personen aus jedem Volk sind ihm angenehm, sofern sie ihn fürchten» (Apg. 10). Was ist also das Merkmal einer christlichen Gemeinde? Nicht Nationalität, nicht einheitliche Kultur oder gleiche soziale Stellung, sondern allein der Glaube an Jesus Christus ist das massgebende Band der Gemeinschaft.
Im Netz der Beziehungen zwischen Einheimischen und Fremden, zwischen den verschiedenen Ethnien und den kulturellen Ausdrucksformen suchen wir heute unsere Identität als multikulturelle Gemeinde in der Nachfolge Jesu.
Offene Türen für multikulturelle Begegnungen
Multikulturalität war also schon im biblischen Zeitalter der Normalfall. Hier noch zwei Reminiszenzen:
Im Losungsbüchlein der Brüdergemeine war ein Gebet aus Afrika zu lesen: „Herr Jesus Christus, du wurdest von einer hebräischen Mutter geboren. Babylonische Weise huldigten dir. Du warst voll Freude über den Glauben einer syrischen Frau und eines römischen Hauptmanns. Dein Kreuz trug ein Afrikaner. Wir danken Dir, dass wir zu dir gehören dürfen. Hilf uns, Menschen aller Rassen und Völker als Miterben in dein Reich zu bringen.“ Eine lebendige Gemeinschaft, welche diesem Jesus nachfolgt, muss offene Türen haben für alle. So hält es auch der Artikel 4 der Verfassung unserer Kirche fest. „Alle, ohne Rücksicht auf Rasse, Farbe, nationale Herkunft, Status und wirtschaftliche Stellung sollen am kirchlichen Leben teilnehmen und die Sakramente empfangen.“
Übrigens: Unter den Migranten und den Menschen am Rande der Gesellschaft ist die Evangelisch-methodistische Kirche stets am schnellsten gewachsen. Unsere Mission erlaubt es deshalb nicht, dass nationale, politische und andere Loyalitäten die Einheit in Christus begrenzen. Wenn Gott das Leben liebt, dann sind die Anderen nicht ausgeschlossen. Wir brauchen eine „Miteinanderkirche“, welche einen Beitrag zur Versöhnung unter den Menschen leistet. Erfahrungen von Respekt und Akzeptanz sind im lebendigen und nachhaltigen Austausch verwurzelt.
(Erster Teil aus meinem Referat am Connexio-Weiterbildungstag vom 12. Januar in Solothurn.)
Heinrich Bolleter
Translation into English: Experiences in multicultural community #UMChttp://www.umglobal.org/…/heinrich-bolleter-experiences-in.…
Marta und Heinrich Bolleter
Grenzweg 9, CH-5036 Oberentfelden
Das Friedenslicht weitergeben
Wir verbinden unseren Weihnachtbrief mit dem Brauch des Friedenslichtes.
Der Brauch ist in der Schweiz mehr als 25 Jahre alt und vor allem in der römisch-katholischen Tradition beheimatet. 1986 war die Idee im ORF Landesstudio Oberösterreich entstanden. In der Geburtsgrotte in Bethlehem entzündet jeweils ein Kind ein Licht, das Friedenslicht, welches mit einer speziellen Laterne mit dem Flugzeug nach Wien gebracht wird. Von dort aus wird es in über 30 Länder in Europa und in Übersee weiter verbreitet.
Das Licht als Zeichen des Friedens wird von Mensch zu Mensch weitergegeben. Das Licht aus Bethlehem soll Menschen motivieren, einen persönlichen und aktiven Beitrag
für den Frieden zu leisten. Der symbolische Akt kann Menschen aller Religionen und Hautfarben verbinden. Zusammen ein Licht anzünden tut uns gut gerade in der Advents- und Weihnachtszeit. Marta
und ich erleben viele Menschen, welche die Nachrichten über Kriege und Terror in dieser Welt angstvoll verfolgen. Am liebsten möchten sie einfach wegschauen. Da wird es wichtig mit Symbolen sich
gegenseitig zu ermutigen, selber etwas für den Frieden zu tun.
Warum lassen wir die Ängste unsere Haltung und unsere Weltsicht bestimmen? Ein wichtiger Schritt kann es sein, mehr Licht in die Lebensräume zu tragen und uns zu fragen, welche Schritte in dieser
Welt helfen, hoffnungsvoller, gerechter und friedlicher zu leben? Ein erster kleiner Schritt kann es sein, ein Friedenslicht an zu zünden und weiter zu geben.
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Einige Notizen zu unserem Ergehen:
Wir sind dankbar für die Zeit, welche wir zusammen verbringen können. Marta wurde im November die Diagnose ‘Parkinson‘ gegeben. Mit der Erfahrung, was die entsprechenden Medikamente positives bewirken können, war es auch befreiend, diese Diagnose und die entsprechende Hilfe zu bekommen. Wir sind für die Führung Gottes auf diesem Weg von Herzen dankbar.
Trotz allen «Behinderungen» hatten wir es gewagt, erneut einen dreitägigen Ausflug zu unternehmen — diesmal nach Scuol im Kanton Graubünden Wir sind froh, dass wir auch einzelne Tagesausflüge in die Blumenwelt der Alpen gewagt haben. Es war jedes Mal ein Aufsteller.
Wir sind dankbar für die guten Kontakte mit unseren Kindern und unseren Enkeln.
Kirchlich gesehen leben wir eher zurückgezogen, auch wenn wir die Entwicklungen mit Interesse und manches Mal auch mit Sorge verfolgen. In unseren Gebeten begleiten wir viele Menschen, mit welchen wir in der Zeit des aktiven Dienstes zusammengearbeitet haben.
Vor Ort, in Aarau engagieren wir uns weiterhin in der Betreuung von Asylsuchenden und Flüchtlingen und unterstützen die Arbeit der arabischen Gemeinde.
Marta hat viele Kontakte durch die Teilnahme an örtlichen Veranstaltungen von“ pro-senectute“ und „pro-audito“. Die Begleitung der Bethesda Schwestern im Home Bethesda in Strasbourg bleibt eine besondere Aufgabe. Sechs betagte Schwestern wohnen noch im Home und führen es als Maison d’Accueil et de Prière. Wir sind mit ihnen und mit der UEEMF unterwegs zu einer neuen Rechtsform, welche die Zukunft der Schwesternschaft und ihre Mission garantieren soll. Die Gründung einer gemeinsamen Stiftung braucht noch die Beglaubigung durch den Französischen Staat. Für die Wege ins Neue Jahr erinnern wir an unseren Hinweis auf den Brauch des Friedenslichtes. Möge das Licht von Bethlehem Euch Hoffnung bringen und uns ermutigen dem Aufruf der Jahreslosung für 2019 zu folgen: «Suche Frieden und jage ihm nach» Psalm 34,15.
Für das Weihnachtsfest und das Neue Jahr 2019
wünschen wir unseren Freunden, unseren Freundinnen und allen Bekannten
den Frieden, der vom Kind in Bethlehem ausgeht.
Herzlich
Marta und Heinrich Bolleter
Pensioniertentagung für PfarrerInnen
in Aarau 2018
Markus 11, 15 - 18
Begrüssung: Auch ich heisse Euch in Aarau willkommen. Marta und ich gehören nun schon seit 12 Jahren zu dieser Gemeinde.
Ich wurde eingeladen, eine biblische Besinnung zu halten zum Thema: «Den Fremdlingen Raum geben, weil Gott die Fremdlinge liebt!»
Und ich möchte heute morgen mit Euch teilen, wie ich im Laufe meines Lebens Bibeltexte stets neu gelesen und verstanden habe.
Vor allem das Leben und Handeln Jesu hat in den verschiedenen Lebensphasen sehr unterschiedlich zu mir gesprochen.
Heute werde ich das an einem Text aus Markus 11, 15 – 18 aufzeigen.
Sie kommen nach Jerusalem. Und als er in den Tempel hineinging, begann er alle hinaus zu treiben, die im Tempel verkauften und kauften. Die Tische der Geldwechsler und die Stände der Taubenverkäufer stiess er um und liess nicht zu, dass man irgendetwas über den Tempelplatz trug. Und er lehrte sie und sprach: Steht nicht geschrieben: Mein Haus soll ein Haus des Gebets heissen für alle Völker? Ihr aber habt es zu einer Räuberhöhle gemacht!
Und die Hohen Priester und Schriftgelehrten hörten davon und suchten Mittel und Wege, wie sie ihn umbringen könnten. Denn sie fürchteten ihn, weil das ganze Volk überwältigt war von seiner Lehre.
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Mitten im Getriebe der Menschen, welche zum Passahfest nach Jerusalem gepilgert waren, gab es einen schockierenden Auftritt Jesu im Vorhof des Tempels.
Ich sehe noch das antiquierte Bild von Hans Schnorr vonCarolsfeld, vor mir. Oft hatte ich es im Band ‘Bilder zur Bibel’ betrachtet. Der Maler lebte in Leipzig von 1794 bis 1872. Er war ein Meister der deutschen Romantik. Und er wusste, wie man Szenen dramatisch ausgestaltet. Der prophetische Akt Jesu wurde von ihm als gewaltsamer prophetischer Akt der «Tempelreinigung» inszeniert. Der Künstler schrieb dazu: Es geht um Zucht und Ordnung.
Solche Bilder wirken prägend. Aber entsprechen sie der Intention der biblischen Erzählung?
Am Theologischen Seminar hatten wir im Zusammenhang mit der Besprechung einer Katechese einen Disput über das Bild von Jesus, welches uns schon in unserer Kindheit vermittelt wurde — wie zum Beispiel in diesem Holzschnitt. Kann es sein, dass Jesus einen Strick wie eine Peitsche drohend in seiner rechten Hand hielt?
Als Nachkriegsgeneration konnten wir uns einen Gewalt androhenden Jesus einfach nicht vorstellen. Soviel hatten wir aus dem 2. Weltkrieg gelernt: Probleme lassen sich nicht mit Gewalt lösen.
Einer der Studenten meinte: «Es heisst im Text, dass Jesus Tische umgestossen habe, aber Gewalt gegen Menschen habe er ganz gewiss nicht angewendet!»
«Tempelreinigung»: was für Bilder siehst Du vor Dir?
Bevor wir Jesu harte Hand gegen die Dealer im Tempelvorhof fehlinterpretieren, müssten wir Klarheit haben darüber, was die Herausforderung war, auf welche Jesus mit dieser prophetischen Handlung überhaupt reagierte.
Hatte er etwas gegen den Handel mit Opfertieren, welche die Pilger gemäss der jüdischen Ordnung und Sitte als persönliches Opfer zum Tempel brachten?
Hatte er etwas gegen den Lärm des Marktes im Vorhof des Tempels also im Hause Gottes?
Oder wollte er zeigen, wer der Herr im Hause ist? ...
Seit ich mich intensiv mit der Migration befasse, lese ich auch die Bibel anders. Aufgrund der gemachten Erfahrungen verstehe ich biblische Texte neu. So möchte ich euch einladen, mit mir den Text aus dem Markusevangelium mit neuen Augen zu sehen. Anregung dazu bekam ich auch von einer Syrischen Migrantin.
Viele haben mit diesem Text über die Tempelreinigung Mühe. Der wütende und Tische umwerfende Jesus passt nicht in unser Jesusbild. Das ungewohnte Bild macht, dass wir uns vor allem über die gewinnsüchtigen Händler empören, welche sich im Vorhof des Tempels installiert hatten.
Dabei war dieser Markt im Vorhof des Tempels eine willkommene Erleichterung für alle Pilger. Sie kamen zur Zeit des Passah zum Tempel, um ihre Opfergaben dar zu bringen.
Viele kamen von weit her gereist. Da wäre es sehr mühsam gewesen, die Opfertiere von zuhause mit zu bringen. Wenn man diese beim Tempel kaufen konnte bedeutet das eine grosse Erleichterung.
Und die Priester liessen die Händler gewähren, denn die Serviceleistung, welche da für die Pilger erbracht wurde, förderte die Opfergaben, von denen die Priesterkaste ja lebte.
Warum hatte Jesus diesen Markt gestört? Was war die Herausforderung, auf welche Jesus mit dieser prophetischen Handlung reagierte.
Die Frommen und die Priester reagierten empört auf Jesu Eingreifen!
Wer das Pilgerfest und den Markt stört, der muss weg!
Zitat: "Und es kam vor die Schriftgelehrten und Hohen Priester; und sie trachteten, wie sie ihn umbrächten."
Jesus, der den bequemen Verlauf des Pilgerfestes störte, muss weg!
Werfen wir einen Blick auf die Tempelanlage jener Zeit, dann entdecken wir eine neue Deutung des Handelns Jesu. Im Kern der Tempelbaute war das Allerheiligste. Das war der Ort, wo Gott wohnt. Dieser Bereich wurde durch den Markt nicht tangiert. Ausserdem gab es den Bereich, wo sich die Israeliten aufhalten durften, wenn sie die Reinigungsvorschriften eingehalten hatten. Hier war für die Israeliten Raum zum Gebet, zur Begegnung mit Gott.
Und ganz aussen war der Vorhof der Heiden, der Fremden, der Ungläubigen. Dieser Vorhof war ein Zeichen dafür, dass Gott in seinem Hause Raum geschaffen hatte, damit die Fremden auch seine Nähe suchen können.
Das ganze Erste Testament spricht davon, dass Gott die Fremdlinge liebt. Darum sollen auch die Israeliten dem Fremdling mit Respekt begegnen und ihm Schutz gewähren. Wie können sie da den Vorhof des Tempels für sich selbst und die eigenen religiösen Bedürfnisse mit Beschlag belegen? Das war doch der Raum für die Fremdlinge.
Das Alte Testament gebietet an über 100 Stellen, den Fremdling zu schützen. Die Bibel begründet diesen Schutz wie folgt: „Ihr seid ja auch Fremdlinge gewesen in Ägypten.". Darum: „Einen Fremdling sollst Du nicht bedrücken noch bedrängen“ (2. Mose 22, 21 + 22). Gottes Liebe zum Fremdling und der von Gott geforderte Respekt für den Fremdling wurde in der Architektur der Tempelanlage abgebildet.
Die Aufforderung Gottes an sein Volk lautete: Lasst den Fremden teilhaben am Segen, welcher vom Tempel aus geht.
Der Vorhof des Tempels wäre also für das Gebet der Fremden bestimmt. Da fand jetzt der Markt mit dem hochgeschätzten Angebot für die Pilger statt. Man nahm diese Bequemlichkeit gerne hin und weil sie den frommen Pilgern diente.
Ich meine: Hier stossen wir auf den eigentlichen Grund für die prophetische Intervention Jesu: Er wollte wieder Raum schaffen für die Fremden. Darum sagte er auch in seiner Belehrung an die Pilger: "Steht nicht geschrieben: Mein Haus soll ein Ort sein, an dem alle Völker zu mir beten können? ... Ihr aber habt eine Räuberhöhle daraus gemacht." (Ein Zitat aus Jeremia 7,11).
Ich sehe in diesem Text einen bedenkenswerten Ansatz für ein würdiges und angemessenes Zusammenleben unterschiedlicher Kulturen und Nationen.
Jesus schaffte Raum für die Fremden. Er vertrieb die Händler aus dem Vorhof des Tempels, weil dieser Vorhof für die Fremden bestimmt war. Und Jesu Botschaft an die frommen Pilger und die Aufsicht führenden Priester war klar: Ihr habt die Fremdlinge ihres Zugangs zu Gott beraubt, weil ihr nur den eigenen Vorteil gesucht habt.
Wer noch weiter mit mir denken will: Der Tempel in Jerusalem wurde bekanntlich zerstört. Im Neuen Testament (1. Korinther 3, 16) schreibt Paulus den Christen: "Wisset ihr nicht, dass ihr des Herrn Tempel seid?"
Kann es also sein, dass Gott von dir und von mir erwartet, dass wir den Fremdlingen bei uns Raum geben?
Kann es sein, dass unsere ängstliche Orientierung am Markt den Fremdling als Konkurrenten erscheinen lässt? Oder dass unser Bedürfnis nach einem umfassenden Service für unsere Frömmigkeit den Fremdling zum Störenfried macht? Unsere Angst zu kurz zu kommen, vertreibt die Fremden aus dem Vorhof unseres Lebens?
In einem radikalen Akt hatte Jesus im Vorhof des Tempels die von Gott gesetzte Ordnung wieder hergestellt. Er hatte den Raum für die Fremden wieder frei gegeben.
***
Wir kommen zum Schluss: ich wollte heute morgen mit Euch teilen, wie ich im Laufe meines Lebens Bibeltexte stets neu gelesen und verstanden habe. Vor allem das Leben und Handeln Jesu hat in den verschiedenen Lebensphasen sehr unterschiedlich zu mir gesprochen.
Seit ich mich intensiv mit den Migranten und Migrantinnen befasse, lese ich Bibeltexte anders. So auch diese Geschichte der Tempelreinigung.
Gott liebt die Fremdlinge, darum gibt ihnen Jesus den Raum im Vorhof des Tempels zurück.
In der Nachfolge Jesu sollen auch wir den Fremdlingen Raum geben, weil Gott die Fremdlinge liebt.
Gebet:
Lieber Herr, dein Reden und Handeln soll unser Leben als Christen prägen. Wir bekennen, dass wir nur langsam von dir lernen. Zeige uns, was dein prophetisches Handeln uns sagen will. Hilf uns, die überlieferten Vorurteile zu hinterfragen und unsere Ängste zu überwinden. und neu hin zu sehen und hin zu hören, was du uns zu sagen hast.
Herr, wir sind oft uneins über die Rolle der Fremden in unserem Land und in unserem Leben. Zeige uns neu, was es heisst, dem Fremden Raum zu gewähren in unserem Leben, weil Du die Fremdlinge liebst. Amen.
Heinrich Bolleter im August 2018
So habt nun Acht auf euch selbst und auf die ganze Herde, in der euch der Heilige Geist eingesetzt hat zu Bischöfen, zu weiden die Gemeinde Gottes.
(Paulus beim Abschied in Ephesus, Apostelgeschichte 20, 28)
Ihr scheint als Lichter in der Welt, dadurch dass ihr festhaltet am Wort des Lebens.
(Philipper 2,15-16)
Zum Verständnis des Bischofsamtes in der United Methodist Church ist ein klarer Rahmen durch die weltweit gültige Kirchenordnung gegeben. Ich will hier nicht dieses Amt im Grundansatz diskutieren. Aber als Bischof im Ruhestand will ich im Rückblick einzelne persönliche Erfahrungen zum Thema mit meinen Blogleserinnen und -lesern teilen.
Bei meiner Wahl zum Bischof der Evangelisch-methodistischen Kirche von Mittel- und Südeuropa im Jahr 1989 war ich 48 Jahre alt. Für die Kirchen in Südosteuropa war das eindeutig „zu jung“! „Ein Bischof ist doch ein würdiger Alter mit weissen Haaren“, lautete da und dort der Kommentar hinter vorgehaltener Hand. Die Enttäuschung war offensichtlich. Im orthodoxen Umfeld hätte vielleicht ein Vollbart dem äusseren Erscheinungsbild eine würdevollere Note geben können.
Als die polnischen Kirchenvertreter entdeckten, dass ich im eigenen Kleinwagen zu kirchlichen Terminen anreise, mahnten sie, dass in der polnischen Kultur ein Bischof eine Limousine mit Chauffeur brauche. So liess ich mich eben von den polnischen Superintendenten zur Sitzung des ökumenischen Rates in Warschau bringen.
In Westeuropa hingegen — mit einigen Abstrichen auch in Österreich — war die Kritik an Institutionen und Ämtern schon so weit fortgeschritten, dass die Pastoren mich fragten, ob sie mich in Zukunft wirklich mit „Herr Bischof“ ansprechen müssten. Manchmal war es geradezu peinlich, wenn ich beim Besuch einer Kirchgemeinde nur mit meinem Vornamen begrüsst wurde. Die Methodisten in Frankreich kreierten ihre eigene Begrüssungsformel: Le Pasteur Henri Bolleter, notre évêque. Der Bischofstitel war in Frankreich im freikirchlichen Milieu eher ungewohnt.
Kurz nachdem ich mich im Bischofssekretariat in Zürich installiert hatte, besuchte mich der Gemeindepräsident einer grösseren politischen Gemeinde im Kanton Aargau. Er verstand etwas von der Würde und der Bürde eines Amtes. Er empfahl mir, es nie an Sorgfaltspflicht und Gewissenhaftigkeit fehlen zu lassen, und erklärte, was ein solches Amt erfordere. Er hatte bemängelt, dass ich als Redaktor des kirchlichen Wochenblattes etwa auch ungeschützt meine persönliche Meinung kundgetan hätte.
Nun war es ja evident, dass sich im Laufe der Zeit auch die kirchliche Leitungskultur veränderte. Mein Vorgänger hatte nach bewährten Vorbildern den Empfang von Gästen und Bittstellern im Bischofssekretariat so geregelt, dass man sich anmelden musste und von der Sekretärin des Bischofs empfangen wurde. Das Besprechungszimmer war mit extra gepolsterten Türen ausgestattet, um die Intimität der Aussprache mit dem Bischof zu gewährleisten. Ich hatte eine ganz andere Vorstellung von Amt und Würde. Ich suchte die Nähe zur Basis der Kirche und wollte einen partizipativen Leitungsstil pflegen. Der Zugang zum Bischof sollte darum möglichst niederschwellig und das Sekretariat für alle offen sein. So organisierten wir im Sekretariat Ausstellungen von Künstlerinnen und Künstlern und waren stolz auf die offene Türe.
Diese Offenheit hatte jedoch auch ihren Preis. Randständige hatten die offene Türe zum Bischof entdeckt. Wenn ich nicht unterwegs auf Reisen im grossen Aufsichtsgebiet von Mittel- und Südeuropa war, nahm ich mir öfter Zeit, um ihre Anliegen zu hören. Nicht immer konnte ich ihnen helfen oder ihren Wünschen entsprechen. Ein Ungeduldiger, der vom Bischof eine finanzielle Unterstützung forderte, verlor die Nerven und duschte meinen Schreibtisch und weiteres Mobiliar im Büro mit einer geschüttelten und überschäumenden Cola-Flasche.
Nach telefonischer Anmeldung besuchte mich eine Unternehmerin. Sie war als Kind mit ihrer Familie aus Armenien geflüchtet und hatte damals in einer EMK-Gemeinde am Schwarzen Meer lebenswichtige Hilfe bekommen. Zum Dank wollte sie nun, da es ihr jetzt gut ging, ein Zeichen des Dankes geben zur Ehre Gottes. Nach der politischen Wende in den 1990er Jahren waren die Gemeinden in Bulgarien auf Hilfe angewiesen. Hilfe war also willkommen. In mehreren Gesprächen versuchte ich der Frau verschiedene Hilfsprojekte schmackhaft zu machen. Sie jedoch hatte eine Vision, wie sie ihren Dank sichtbar umsetzen könnte. Sie wollte eine grosse Orgel spenden, auf welcher in gotischen Lettern stehen sollte: „Soli Deo Gloria“. Kein bischöfliches Wort konnte sie überzeugen, dass die akute Notlage andere Pläne erfordere. Sie hatte sich durchgesetzt und das Projekt einem Orgelbauer übergeben. Persönlich begleitete sie das Projekt und war dazu mehrfach nach Bulgarien gereist. Schliesslich durfte sie die Erfüllung ihrer Vision „Soli Deo Gloria“ erleben.
Andere Begegnungen in meinem Sekretariat trugen nachhaltige Früchte. Ein Treffen zwischen dem Superintendenten aus Prag und dem Leiter für Weltevangelisation des Weltrates Methodistischer Kirchen führte zur Entwicklung des Partnerschaftsprojektes „Connecting Churches“. Gemeinden in den USA halfen in den ehemals kommunistischen Ländern nach der politischen Wende den Neustart von Gemeinden zu unterstützen. Daraus sind bleibende Partnerschaften entstanden. Diese Initiative wurde auch zur Herausforderung für den General Board of Global Ministries, welcher darauf das Programm „in mission together“ initiierte.
Das Geheimnis des Bischofsamtes ist es, die Freude am Evangelium zu teilen, Gott zu dienen und den Menschen nahe zu sein. Mein Ziel war es, in einer Zeit des Umbruchs die Mission vor Ort durch meine Vermittlertätigkeit zu stärken und die Verantwortungsträger zu ermutigen. Dieser missionarische Ansatz öffnete viele Türen und stärkte die Zusammenarbeit über alle Grenzen hinweg. So entstand das regelmässige Treffen der Superintendenten als Kernteam sowie die Beauftragung einer Koordinatorin für den Frauendienst in Mittel- und Südeuropa. Auch die Idee, einen Fonds Mission in Europe zu begründen, wurde in Zürich im Gespräch mit dem damaligen Sekretär der Zentralkonferenz von Mittel- und Südeuropa entwickelt.
Je inflationärer der Gebrauch der Begriffe von Institution, Amt und Würde in der modernen Gesellschaft geworden ist, desto mehr zählen die individuellen menschlichen Fähigkeiten. Die Fähigkeit ist gefragt, eine vom christlichen Glauben geprägte Gemeinschaft zu repräsentieren, und das in einer Zeit, da die Glaubwürdigkeit und die Fragilität der Institution Kirche gnadenlos hinterfragt wird.
Noch immer trage ich gemäss unserem Kirchenrecht den Titel und die Würde eines Bischofs. Im Ruhestand habe ich jedoch Abstand genommen von jeglichem Versuch, auf die laufenden Prozesse in der Kirche oder gar auf die personellen Entscheidungen Einfluss zu nehmen. Es galt einer nachkommenden Generation ihren Platz zu geben. Das war und ist nicht immer einfach. Das Joch des Amtes ist leichter geworden. Die Dankbarkeit vieler ehemaliger Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und das Netz der persönlichen Beziehungen in Mittel- und Südeuropa hilft einem Bischof im Ruhestand die wachsende Schwäche des Alters zu ertragen und eine Haltung zu bewahren, welche der Würde des Amtes entspricht.
Als aktiver Bischof musste ich wach, entschlossen und stark sein. Die Würde des Alters erlaubt es mir, wach für das Naheliegende zu sein, langsamer zu reagieren und zu meiner körperlichen Schwäche zu stehen.
Zum Schluss weise ich hin auf das Büchlein „Freude am Evangelium“ — Vier Bischofsbotschaften an die Evangelisch-methodistische Kirche von Mittel- und Südeuropa,112 Seiten, erschienen 2014 im Verlag Books on Demand, ISBN 9783732296958
Heinrich Bolleter, Bischof im Ruhestand
Am 1. Januar 1993:
Die politische Teilung der Tschechoslowakei vor 25 Jahren
und der Weg der Evangelisch-methodistischen Kirche.
Die politische Teilung
Am 1. Januar 1993, also vor 25 Jahren, wurde die Tschechoslowakei aufgelöst.
Die Tschechoslowakei war 1918 aus dem Zerfall der Donaumonarchie gegründet worden. Es war und blieb ein künstliches Gebilde, denn die Tschechen und die Slowaken hatten zuvor in unterschiedlichen Staaten gelebt. Während die Tschechen schon im 19. Jahrhundert ein Bürgertum mit einem ethnisch-nationalen Bewusstsein gebildet hatten, blieben die agrarisch geprägten Slowaken geprägt von der ungarischen Vorherrschaft in der Donaumonarchie. In der neuen Tschechoslowakei fühlten sie sich nun von den Tschechen bevormundet und benachteiligt. Man blieb in der Opferrolle. 1968 hat die Tschechoslowakei eine Föderation mit zwei Parlamenten in Prag und Bratislava geschaffen, aber in der Realität blieb alle Macht beim Zentralkomitee der kommunistischen Partei in Prag.
Mit der politischen Wende von 1989 schien der Zeitpunkt gekommen, dass die Slowaken mehr Autonomie einforderten. Die Parlamentswahlen von 1992 in Bratislava und Prag verstärkten die regionalen Unterschiede. Vaclav Klaus in Prag strebte eine an Europa orientierte Reform mit einer wirtschaftsliberalen Ausrichtung an, während Vladimir Meciar in Bratislava eine nationalistische Linie verfolgte. Im August 1992 verkündete Meciar einen Ausstieg aus der Föderation der Tschechoslowakei auf den 1. Januar 1993!
Bald wurde deutlich, dass Prag gerne den armen agrarisch geprägten Föderationspartner fahren liess. Dabei wurden auch Schritte unternommen, welche Prag weitere Vorteile bringen sollten. Es wurde verlangt, dass das slowakische Eigentum, welches in der Konföderation in Prag registriert war nach Bratislava übertragen wurde, weil es ansonsten von Prag konfisziert werden könnte. Die Verhandlungen im Blick auf die Beendigung der Föderationszahlungen aus Prag waren nicht zum Vorteil der Slowakei ausgefallen. So verlor die Slowakei wichtige Transfers aus Prag. Die grosse Ethnie der Roma wurde in den Tschechischen Medien aufgefordert sich in Prag registrieren zu lassen. Auch das sollte bis zum 1. Januar 1993 erfolgen. Wer sich nicht registrieren liess wurde in die zukünftige Slowakei abgeschoben. So sicherte man sich in Prag einen guten Start in die neue Zeit.
Die Slowakei hatte einen bedenklich schlechten Start in die Zukunft des neuen Europa. Die schwache Industrie war früher durch die Sowjetunion aufgebaut worden und darum nicht mehr konkurrenzfähig. Sie geriet wirtschaftlich ins Abseits. Die Arbeitslosigkeit zeigte neue Spitzenwerte. 1998 wurde Meciar abgewählt und die Slowakei schaffte es gerade noch auf den Weg in die EU und die Nato. Die damit angestossenen Reformen führten zu Neuinvestitionen im Land. Der Arbeitsmarkt erholte sich und das Sozial- und Gesundheitswesen wurde auf eine neue Grundlage gestellt.
Der Weg der Evangelisch-methodistischen Kirche
Vor und nach der Wende von 1989 bildeten die Gemeinden in der Tschechoslowakei eine gemeinsame Jährliche Konferenz (Synode) mit einem Hauptquartier in Prag. Dieses Kirchenparlament war voll und ganz mit internen Problemen beschäftigt. Es ging um eine Auseinandersetzung zwischen einer charismatischen Fraktion und einer traditionalistischen methodistischen Tradition. Die 90er Jahre waren deshalb mit einer Zukunftswerkstatt diesem Thema und dem Thema der neuen Dienstmöglichkeiten nach der politischen Wende von 1989 gewidmet. Die Kirche lebte zudem von staatlichen Zuschüssen, welche in der kommunistischen Zeit vor allem zur staatlichen Kontrolle der Gemeinden und der Pfarrerschaft dienten.
Die im Sommer 1992 angekündigte Teilung der Tschechoslowakei erforderte nun aber ein rasches gemeinsames Handeln. Soll die Kirche entlang der neuen staatlichen Grenzen geteilt werden? Muss eine zweite provisorische Jährliche Konferenz gegründet werden? An einer „Weihnachtskonferenz 1992 in Prag“ wurde entschieden, dass wir eine Jährliche Konferenz bleiben. Als Evangelisch Methodistische Kirche sind wir keine ‚nationale’ Kirche. Unsere Connexio macht vor staatlichen Grenzen keinen Halt.
Jedoch wollten wir in beiden neuen Staaten auch eine staatliche Anerkennung sowie eine deutliche Registrierung unseres Eigentums. Dazu wurden zwei methodistische Distriktskonferenzen gegründet, an welche Rechte und Pflichten der Leitung und Verwaltung delegiert sind.
So gibt es neu eine kirchliche Zentrale in Bratislava und in Prag.
Durch diese dringlichen Beschlüsse der ausserordentlichen Jährlichen Konferenz wurde die Zukunft der Evangelisch-methodistischen Kirche in Tschechien und in der Slowakei gesichert.
Bleibt noch zu sagen, dass die Kirche in der Slowakei viel Eigenverantwortung übernommen hat und dadurch gestärkt wurde. Im Jahr 2007 hatte sie mutig die Durchführung des European Methodist Festival in Bratislava übernommen, was ein voller Erfolg war.
Vom Umgang mit dem emanzipatorischen Nationalismus
In meiner Bischofsbotschaft vom Jahr 1993 hatte ich einen Abschnitt der neuen Identitätsfindung der Staaten und Volksgruppen im ehemaligen Osteuropa gewidmet. Die Teilung der Tschechoslowakei hatte genau mit dieser Problematik zu tun. Die Slowakei konnte sich in ihrer Opferrolle einem ‚emanzipatorischen’ Nationalismus nicht entziehen. Unter emanzipatorischem Nationalismus verstehen wir die Kräfte nationaler Tradition, Sprache, Kultur und Religion, welche sich als Gegeneffekt zur langjährigen Repression und Nivellierung unter dem kommunistischen Regime angestaut hatten. Wir müssen diesen Staaten oder auch ihren Nationalkirchen helfen, in dieser kritischen Phase klar zu unterscheiden zwischen emanzipatorischem und repressivem Nationalismus. Sie
müssen in diesen Prozessen ihre Rolle neu definieren. Es gilt auf dem
Hintergrund eines christlichen Verständnisses von Freiheit, den Nationalismus nicht nur zu zügeln, sondern die Unterschiede zwischen Nation und Gesellschaft wahrzunehmen, und den Aufbau einer demokratischen Gesellschaft zu unterstützen, einer Gesellschaft, welche die Rechtsgleichheit aller Bürger betont und die Minderheiten schützt.
Daran arbeiten wir noch in Tschechien und in der Slowakei, sowie in anderen Mittel- und Südeuropäischen Ländern.
Heinrich Bolleter, Bischof im Ruhestand, am 30. Dezember 2017
(Foto: Stimmenzähler V. Malac und V. Zak an der a.o. JK in Prag 1992)
Zum Heimgang von Ingegerd Nausner
geb. Risberg
19.12.1926 – 6.12.2017
Es schickt sich eigentlich nicht, dass ein Nachruf damit begonnen wird, die Verstorbene über ihren Ehemann in Erinnerung zu rufen. In der Festschrift zum 60. Geburtstag von Helmut Nausner (erschienen 1995) war mir aufgefallen, dass die Bischöfe der Evangelisch-methodistischen Kirche von Mittel- und Südeuropa, Dr. Franz W. Schäfer und Heinrich Bolleter und auch Dr. Roland Siegrist (damaliger Konferenzlaienführer der Methodistenkirche in Österreich) in ihrer Laudatio jeweils hervorgehoben hatten, welche Rolle Ingegerd Nausner, unter den Mitarbeiterinnen der Kirche gespielt hatte. „Frau Ingegerd Nausner trägt den hingebenden Einsatz ihres Ehegatten mit und bleibt trotzdem immer ein eigener Mensch“. „Ingegerd, von uns allen begrüßt als Topsy, hat nie am ‚Heiligenschein’ ihres Mannes geschliffen, noch rankte sie sich an ihm empor, um auch jemand zu sein, jedoch, wenn es nötig wurde, einander beizustehen, gelang es stets, miteinander zu bestehen.“
Seit dem Jahr 1974 war Ingegerd Nausner stets als Gast zusammen mit ihrem Ehemann Helmut (damaliger Superintendent der Methodistenkirche in Österreich) an den Tagungen der Exekutiver der Zentralkonferenz von Mittel und Südeuropa zugegen. Alle liebten sie. Ihre Wurzel in Schweden gaben ihr auch einen besonderen Touch, der für ihre Offenheit zu anderen Kulturen, Ländern und Sprachräumen stand. Ihre Großherzigkeit war wohltuend gerade im multikulturellen Umfeld der Zentralkonferenz.
Ihre Familie schreibt: „Im Jahr 1959 zog sie von Schweden nach Österreich und hat viele Menschen mit ihrer verbindenden, aufrichtigen und auch humorvollen Art berührt. Oft hat sie als Brückenbauerin und Friedensstifterin gewirkt. Ihren Kindern war sie eine geduldige und liebevolle Mutter und hat das Ergehen von Kindern und Enkelkindern mit liebevoller Aufmerksamkeit mitverfolgt. Gemeinsam mit ihrem Mann führte sie ein offenes Haus, in dem Menschen aus aller Welt willkommen waren.
Vom Jahre 1983 ab vertrat sie mit Hingabe, Herz und Verstand, die World Federation of Methodist Women (NGO) bei der UNO in Wien im Bereich Menschenrechte und Drogenprobleme. Diese ehrenamtliche Tätigkeit hat sie zehn Jahre lang ausgeübt und wurd später weiterhin zu speziellen Konsultationen eingeladen.
Nach ihrem 80. Geburtstag begann eine zunehmende Demenz ihr Leben zu verändern. Ihr inneres Leuchten, genährt von ihrem Glauben an Gott, blieb bis zuletzt auf ihrem Gesicht erkennbar. Sie hat deutliche Spuren des Segens hinterlassen.“
Am 6.Dezember 2017, zehn Tage vor ihrem 91. Geburtstag, wurde sie von Gott nach langer Krankheit aus diesem Leben abberufen.
Helmut Nausner sagt: „Mein vergangenes Jahr war wie die vorigen stark dadurch bestimmt, daß ich mich um meine Frau gekümmert habe. Sie ist nun am 6. Dezember friedlich eingeschlafen. Nach einer Zeit von elf Jahren hat nun ihr Leben ein Ende gefunden. Ich bin traurig, aber vor allem dankbar für 58 Jahre gemeinsamen Lebens. Ich muß nun lernen, meine Zeit neu einzuteilen.“
Wir denken gerne an die Weggemeinschaft mit Ingegerd Nausner zurück. Sie war für uns und für die ganze Kirche ein Segen.
Foto: Ingegerd und Helmut Nausner, Graz 2011
Nachruf zusammengestellt von Heinrich Bolleter, Bischof im Ruhestand
Meine Theologie, mein Verständnis von Gottes Wesen, Reden und Handeln — Sie bilden den Kern meines Glaubens.
Die Frömmigkeit — das sind die Schalen, welche sich um diesen Kern gebildet haben.
Es ist wie bei einer Zwiebel. Der Wachstumskeim im Herzen der Zwiebel ist zart. Er wird geschützt durch die Zwiebelhüllen.
Ich stelle fest, dass ich sehr wenig weiss und wenig erfahre über die „Theologie“ meiner Mitmenschen. Da halten wir uns sehr bedeckt. Vielleicht auch, weil wir den Kern der Sache selber zu wenig ergründet haben.
Die Äusserungen der Frömmigkeit meiner Mitmenschen jedoch kann ich sehr wohl wahrnehmen und darüber nachdenken. Ich frage mich oft, was die Dichte und Grösse der „Zwiebelschalen“ bestimmt — was unsere Frömmigkeit und unsere Überzeugungen prägt. Es ist nicht so sehr der Kern. Es ist vielmehr die Umgebung, unsere Sozialisation, aber auch unsere Hege und Pflege der Frömmigkeit, die wir suchen.
In unseren Auseinandersetzungen über den Glauben geht es im Alltag weniger um den Keim, die Mitte, sondern um die Schichten, welche sich darum herum gebildet haben.
Schon Augustinus Aurelius versuchte zu unterscheiden zwischen Kern und Schale. „Im Wesentlichen Einheit, im Zweifelhaften Freiheit, in allem Liebe“. John Wesley hatte diesen Ansatz in seinem Nachdenken über die Frömmigkeit aufgegriffen. Es sollte helfen, dass verschiedene Frömmigkeitstypen in der Gemeinschaft zusammenleben und zusammenbleiben können.
Meine Frömmigkeit und die Frömmigkeit meiner Mitmenschen darf ich hinterfragen, das zerstört die Einheit nicht! Ich wundere mich jedoch über die Vielfalt, welche mir da begegnet. Mit Bildern gesagt: Perlzwiebeln, Silberzwiebeln, Hauszwiebeln, Allium und Lauch ... Die einen exotisch-individualistisch, andere konservativ-risikoscheu, oder praktisch und leidenschaftslos, aber auch scharf-abgrenzend und rezeptkonform. Es gibt in der Natur die Verdrängung der Schwächeren durch die Stärkeren. es gibt in der Küche den Streit um den Geschmack. Lieber betrete ich den Garten Gottes — oder unsere Küche — wo die Verschiedenheit mit Liebe gepflegt wird?
Hoppla... jetzt muss ich meiner Leidenschaft im Ruhestand nachgeben und den Platz vom Arbeitszimmer in die Küche wechseln. Es gibt eine Sauerkraut-Pastete.
Heinrich Bolleter Mariä Himmelfahrt 2017
25. Januar 1926 bis 22. Februar 2017
Am vergangenen Mittwoch ist Pierre Spoerri im Alter von 91 Jahren heimgegangen.
Pierre Spoerri studierte an den Universitäten in Genf und Zürich. Viele Jahre hatte er zusammen mit seiner Frau, Fulvia, für die internationalen Konferenzen in Caux gearbeitet ('Moralische Aufrüstung'; heute 'Initiatives of Change') "Kann eine Generation von den Erfahrungen einer anderen lernen?" Pierre Spoerri, der eng mit seinem Vater zusammengearbeitet hatte, stellte sich immer wieder diese Frage. In diesem Zusammenhang hatte ihn auch das Thema "Vergebung" beschäftigt. Ich erinnere mich noch an den Tag, da er mir sein damals neues Büchlein "Dynamik der Vergebung" ins Bischofsbüro nach Zürich sandte.
Für viele ältere Methodisten in der Schweiz ist der Name Spörri nicht unbekannt.
Der Vater von Pierre Spoerri hiess Theophil Spörri (10.6.1890 La Chaux-de-Fonds – 24.12.1974 Caux). Er war Sohn eines Methodistenpredigers Jakob Gottlieb Spörri und zeigte ein starkes religiöses, soziales und politisches Engagement. Er gehörte der Moralischen Aufrüstung an und war Romanist an der Universität in Zürich.
Nicht zu verwechseln mit Lic. theol. Theophil Spörri, welcher 1922 bis 1944 als Dozent für Neues Testament am Predigerseminar in Frankfurt am Main wirkte. 1930 verfasste er den für viele bedeutenden "Leitfaden für den Katechismus-Unterricht". Seine Glaubenslehre "Der Mensch und die frohe Botschaft" (1939 bis 1956) blieb leider unvollendet. Er war ein Cousin des Romanisten Theophil Spörri.
Mit dieser 'Spörri-Geschichte' sind viele große Persönlichkeiten des geistigen Lebens der Schweiz und Europas verbunden: Emil Brunner und Karl Barth, Max Picard, Denis de Rougemont, C.F. Ramuz, sowie Friedrich T. Wahlen und Arnold Muggli.
(Notiz verfasst durch Heinrich Bolleter, Bischof i.R.)
(Photo: Andrew Stallybrass)
Ein Zwischenruf zum Reformationsjubiläum
Wir feiern 500 Jahre Reformation und stellen erneut fest, dass dieser Aufbruch maßgeblich von Zentraleuropa ausgegangen ist. Wir erinnern an Calvin, Luther, Zwingli und andere Reformatoren.
Wir heben hervor, dass sie Bibel, Bildung und Sprache ins Zentrum gerückt hatten, und dass dies auch eine kritische Sicht auf Leben und Glauben sowie Kirche und Gesellschaft ermöglicht hatte.
In Form eines Zwischenrufes möchte ich auf eine andere "Reformation" hinweisen. Im Jahr 2016 haben wir Anlass, ein Jubiläum von 1100 Jahren zu feiern. Im Jahr 916 starb Klement von Ohrid, ein Heiliger der Bulgarisch-, der Mazedonisch- und der Serbisch-Orthodoxen Kirchen.
Es ist interessant, den heiligen Klement von Ohrid (Свети Климент Охридски) neben Martin Luther zu stellen und damit auf einen sehr frühen reformatorischen Beitrag zur Slawischen und Europäischen Kultur aufmerksam zu machen.
Klement von Ohrid (ca. 840 - 916) ist der Mitschöpfer des Cyrillischen Alphabets. Mit Bildung und Bibel hat er viel zur "Aufklärung" der Slawen beigetragen. Er war mit Cyril und Methodius unterwegs und hatte zur Popularisierung der Christlichen Texte (Liturgie und Bibel) beigetragen.
Die Brüder Cyril und Methodius wurden vom Byzantinischen Herrscher, Michael III, als Missionare nach Großmähren (Moravien) gesandt, um die Slawen in jener Gegend zum Christentum zu bekehren. Dazu haben sie, basierend auf dem Dialekt in Saloniki, die Alt-Slawische Schrift entwickelt.
Das Alt-Slawische mit der cyrillischen Schrift wurde später durch Boris I von Bulgarien zur offiziellen Sprache erklärt. Dies geschah in der Abwehr gegen die griechische Einflussnahme, welche über die vom Byzantinischen Reich ausgesandten Priester die Eigenständigkeit des Bulgarischen Reiches schwächen wollten.
So begründete Boris die ersten Akademien, in welchen die Altslawische Sprache weiter entwickelt und eine unabhängige theologische Ausbildung gefördert wurde.
Klement von Ohrid begründete das Schulwesen in Ohrid. Innerhalb von nur sieben Jahren hatte er etwa 3500 Studenten ausgebildet. 893 wurde er zum Erzbischof der Bulgarisch Orthodoxen Kirche geweiht. Nach seinem Tod (916) wurde er in Ohrid im Kloster Panteleimon beerdigt. In der Orthodoxie wird er als Vater der Slawischen Sprache und des Schulwesens gefeiert.
Klement von Ohrid hat vielleicht einen ebenso großen Beitrag zur Slawischen und Europäischen Kultur geleistet wie 600 Jahre später Martin Luther mit seiner Bibelübersetzung und Verbreitung in Deutscher Sprache. Er hatte das "goldene Zeitalter" für die Slawische Schrift und Literatur sowie das Schulwesen eröffnet. Schrift und Sprache sind stets eng verknüpft mit dem spirituellen und kulturellen Kontext einer Region. Sie werden zu einem Träger der sozialen Identität.
Auf diesem Hintergrund können wir eine Entsprechung in der Gestaltung von Schrift, Sprache, Bildung und Bibel bei Klement von Ohrid und Martin Luther erkennen. Das könnte in der Begehung des Reformationsjubiläums ein Fenster in die Slawische Welt öffnen.
Heinrich Bolleter, Bischof im Ruhestand.
Zum 85. Geburtstag von Wilhelm Nausner
Mit Dank für seinen hingebungsvollen Dienst als Laienmitarbeiter in der Kirche.
Wenn ich diese Notiz aus Anlass des runden Geburtstags am 17. März 2016 schreibe, beginnt ein Film über eine sehr intensive und schöne Zeit der Zusammenarbeit zu laufen.
Wilhelm Nausner hat 55 Jahre in der Zentralkonferenz der Evangelisch-methodistischen Kirche von Mittel- und Südeuropa mitgearbeitet. Er begann als freiwilliger Mitarbeiter im Alter von 23 Jahren und hat sich bis ins Alter von 78 Jahren als Denker, als Macher und Netzwerker mit Freude und unverwüstlicher Kraft engagiert. Seit 1963 gehörte er der Exekutive der Zentralkonferenz an, von
1973-97 wirkte er als deren Sekretär.
Wilhelm Nausner zeigte stets eine grosse Bereitschaft, sich in den Ländern Mittel- und Südeuropas als Berater und Planer einsetzen zu lassen.
Er brachte auch ein hohes Mass an Kompetenz und Erfahrung mit. Dazu gehörten die selber durchlebten Notzeiten als Flüchtling, der langjährige Einsatz im Flüchtlingsdienst der UNO und der Konferenz Europäischer Kirchen (KEK von 1964 bis 2008).
Seine Verbindungsdienste zu den Methodisten hinter dem eisernen Vorhang waren sehr wichtig. Als Laie waren im geteilten Europa für ihn die Reisemöglichkeiten eher gegeben als für einen Pastor. Der Bischof konnte zum Beispiele über etliche Jahre nicht offiziell nach Ungarn oder auch nach Bulgarien reisen. Da ist Wilhelm Nausner als Botschafter des Bischofs hin- und hergereist. Er bildete eine wichtige Brücke zum alten Osteuropa. Seit 1974 machte er Besuche in Bulgarien, Ungarn, Jugoslawien. Andere Länder besuchte er im Auftrag der KEK. Wilhelm Nausner verstand es, diplomatisch aber konsequent mit allen umzugehen, mit den Freunden und den Feinden.
So ist Wilhelm Nausner tausende von Kilometern auch in Krisen- und Kriegszeiten im Auto gefahren, um die Gemeinden und Konferenzen zu besuchen. Als Sekretär der Zentralkonferenz hatte Wilhelm Nausner sowohl Bischof Schäfer, als auch Bischof Bolleter, zu vielen Jährlichen Konferenzen in Südosteuropa begleitet. Er hat auch sehr nachhaltig geholfen bei der Neuorganisation von Konferenzen und der Neuregistrierung der Kirchen nach der politischen Wende. Mit einem langen Atem unterstützte er die Kirchenleitungen bei der Verwirklichung neuer Sozialprojekte, Kirchenbauten und in der Katastrophenhilfe. Ich habe mich sehr sicher gefühlt im Beifahrersitz, und ich erinnere mich an viele Gespräche. Unter anderem hatte er mich animiert, den Theologen Sören Kierkegaard zu lesen. "Der Liebe Tun" war nicht nur der wichtige Titel eines Werkes von Kierkegaard, sondern zugleich eine persönliche Erklärung Nausners über die Motivation seines Einsatzes.
Wilhelm Nausner hat sich auch als Ökumeniker und als Kenner der Orthodoxen Kirchen in Mittel und Südeuropa bewiesen.
Es ist nicht übertrieben, hier fest zu halten, dass er als Sekretär der Zentralkonferenz auch für die Computerisierung der Administration im Sprengel voranging.
In der Evangelisch-methodistischen Kirche in Österreich war Wilhelm Nausner seit dem Neubeginn nach dem Zweiten Weltkrieg aktiv. Als Rektor des oekumenischen Hilfswerkes Servitas (1986 -1994) war er massgeblich am Wiederaufbau und an der Unterstützung auch der Orthodoxen Kirchen im Lande beteiligt. Die Evangelisch methodistische Kirche hatte ihm als Laien wichtige Dienste übertragen: Er war Leiter der Eigentumsverwaltung (1964 – 1994), ausserdem versah er das Amt des Konferenzlaienführers später wirkte er als Schatzmeister der Jährlichen Konferenz. 1958 bis 1996 beteiligte er sich als Mitglied des Kirchenvorstandes an der Gestaltung und Verwaltung der Kirche in Österreich.
Das wachsende Diakoniezentrum Spattstrasse in Linz zählte auf ihn als Kuratoriumsmitglied und später als dessen Vorsitzender (1988 -2011).
Von 1996 – 2008 lebte er seine Berufung zum Superintendenten in Makedonien. In einer ausserordentlichen Situation wurde Wilhelm Nausner als erfahrener Laie in Makedonien eingesetzt. Der Präsident der Republik Makedonien hat Superintendent Wilhelm Nausner am 7. Oktober 2008 für seine Verdienste um das makedonische Volk die höchste Auszeichnung verliehen. Er würdigte dabei seine humanitär-sozialen Initiativen, angefangen von der Hilfe für die Opfer des Skopjer Erdbebens von 1963, Hilfe im Blick auf die dramatischen Begebenheiten im Laufe der 90er Jahre, bis hin zu der sehr gut organisierten Sozialarbeit des »Miss Stone« Zentrums in Strumica. Anerkennende Erwähnung fand gleichzeitig auch sein Beitrag zur Affirmation des jungen, makedonischen demokratischen Staates und zur Festschreibung einer Verfassung für die EMK in Makedonien. An der außergewöhnlichen Begegnung nahm neben einer Delegation der Evangelisch-methodistischen Kirche auch der österreichische Botschafter in Makedonien teil. Dass zudem mehrere der höchsten Vertreter der anderen Kirchen und Glaubensgemeinschaften in Makedonien anwesend waren, so Erzbischof Stefan von der Makedonisch-orthodoxen Kirche, Dr. Kiro Stojanov, Bischof der Katholischen Kirche, und Reis Suleiman Recepi, höchster Vertreter der Islamischen Gemeinschaft, machte deutlich, wie sehr das methodistische Engagement für Frieden und eine Zukunft in Makedonien geschätzt wurde.
Im Gebiet des westlichen Balkans standen 2008 einige Veränderungen bevor. Kroatien und Albanien waren bisher unter der direkten Aufsicht des Bischofs geführt worden. Auf diesen Zeitpunkt sollte unter der Aufsicht eines in der Region ansässigen, erfahrenen Pastors die EMK in Albanien aufgebaut werden.
In Makedonien hatte die Übergabe von Wilhelm Nausner an Wilfried Nausner an der Konferenz im Herbst 2008 stattgefunden.
Mehr als einmal musste Wilhelm Nausner wegen schwerer Erkrankung pausieren. Aber jedes Mal ist er wider vom Krankenlager aufgestanden und hat seinen geschätzten Dienst erneut aufgenommen. Vor rund 10 Jahren sagte er nach einem Eingriff am Herzen an der Konferenz in Strumica: "Ich bin Gott dankbar, dass ich heute unter euch sein darf. Ich fühle mich gesund. Langsam und mit Freude setze ich mein normales Leben wieder fort, versuche die damit verbundenen Pflichten wieder zu erledigen." Das ist Wilhelm Nausner!
Seit 2008 lebt Wilhelm Nausner zusammen mit seiner Frau Helene im verdienten Ruhestand in Linz, Österreich. Sein Leben ist ruhiger geworden und wir wünschen ihm, dass er die vielen Reisen Aufgaben und Begegnungen nicht vergisst und Gott dankt für den Weg, den er ihn geführt hat. Auch der Schreibende schaut heute noch gerne auf reichen Erfahrungen zurück. Wilhelm Nausner ist ein Beispiel für die Nachfolge Christi, ein Beispiel des Glaubens, der in der Liebe tätig ist.
Im Namen vieler grüsse ich den Jubilaren zum 85. Geburtstag und wünsche ihm ein frohes Fest im Kreis seiner Lieben.
Im März 2016, Heinrich Bolleter, Bischof i.R.
Anmerkung:
Am 14. Juli 2016 wurde Bischof Franz Schäfer im 96. Altersjahr friedlich im Kreis seiner Familie in die Ewigkeit gerufen. Ein öffentlicher Dankgottesdienst im Gedenken an Bischof Franz Schäfer wird am 8. August 2016 um 14 Uhr im Fraumünster in Zürich stattfinden.
(Geboren am 22. März 1902 in Thalwil und gestorben am 27. Oktober 1965 in Zürich).
Ferdinand Sigg schrieb vier Jahre vor seinem überraschenden Heimgang:
"Das kurze Leben, das mir für meine tausend Ideen geschenkt worden ist, steht allein unter der Gnade Gottes, deren ich mir bis zum letzten Augenblick bewusst bleiben werde."
Ferdinand Sigg war ein begnadeter Pfarrer der Methodistenkirche, dann der Sekretär von Bischof John Louis Nuelsen, und später der erste europäische Bischof der neugebildeten Zentralkonferenz der Bischöflichen Methodistenkirche in Mittel- und Südeuropa.
Er war in vielen Sparten ein führender Kopf: 1936 wurde er während einer wirtschaftlichen Krise Direktor der Christlichen Vereinsbuchhandlung, des schweizerischen methodistischen Verlags in Zürich. Nach dem Krieg half er von der Schweiz aus beim Wiederaufbau des deutschen Verlags und der dazugehörigen Druckerei in Frankfurt.
Schon früh engagierte sich Sigg für die Ökumene: Ab 1942 war er Vertreter der Bischöflichen Methodistenkirche im Schweizerischen Evangelischen Kirchenbund. Acht Jahre präsidierte er den Schweizerischen Evangelischen Missionsrat. Er wirkte von Anfang an mit im Hilfswerk der Evangelischen Kirchen der Schweiz (HEKS), das nach dem Zweiten Weltkrieg für den kirchlichen Wiederaufbau in Europa gebildet wurde. 1948 nahm er als Dolmetscher an der Gründungsversammlung des Ökumenischen Rats der Kirchen in Amsterdam teil.
1954 kam es in Brüssel zur konstituierenden Sitzung der neugebildeten Zentralkonferenz von Mittel- und Südeuropa, zu der die bischöfliche Methodistenkirche in der Schweiz, Frankreich, Österreich, Belgien, Polen, der damaligen Tschechoslowakei, Ungarn, dem damaligen Jugoslawien, und Bulgarien sowie die methodistische Sektion in Nordafrika gehörten. Die Mehrzahl der Staaten stand unter kommunistischer Herrschaft und in manchen Ländern waren Methodisten Opfer von Verfolgungen. Ferdinand Sigg wurde von dieser Konferenz zum Bischof gewählt.
Im Ökumenischen Rat der Kirchen und bei dessen Kommissionen für Glauben und Kirchenverfassung in Lund 1952 und Montreal 1964 hatte er mitgearbeitet. Der Zweiten Tagung der Christlichen Friedenskonferenz (CFK) im April 1959 in Prag ließ er Grüße überbringen, und in der II. Allchristlichen Friedensversammlung 1964 in Prag hatte er mitgearbeitet.
Am 27. Oktober 1965 verstarb Ferdinand Sigg völlig unerwartet im Amt. 1966 wurde Franz Schäfer zu seinem Nachfolger als Bischof gewählt.
Einer seiner Freunde, Dr. F. Raaflaub vom Schweizerischen Evangelischen Missionsrat schrieb: "Ferdinand Sigg eignete eine ausser gewöhnliche Kontaktfähigkeit. Sein Humor, der nie oberflächlich wirkte, hat ihm auch in Afrika und Asien viele Herzen gewonnen. Er sah ja im Mitmenschen, gleichgültig welcher Rasse er angehörte, immer einen Bruder... wir alle, die wir ihn persönlich so gut kannten oder durch das Anliegen der Mission mit ihm verbunden waren, danken Gott, dass er uns diesen weitblickenden, glaubensstarken und weisen Mann geschenkt hat."
Notiert durch Heinrich Bolleter, Bischof im Ruhestand
27.10.2015
Am 13. September 2015 blickte die 'Foundry United Methodist Church' in Washington USA auf 200 Jahre Dienst zurück. Die Kirchgemeinde versammelte sich all die Jahre nur ein Fussweg weit vom Weissen Haus entfernt. Die Bedeutung dieser Kanzel im politischen Zentrum der USA wurde stets hervorgehoben und spiegelte sich auch in der Galerie 'hochkarätiger' Pastoren, welche eine Dienstzuweisung an diese Gemeinde bekamen. Bis zum Jahr 2014 waren es stets Männer. Erst seit 2014 wurde die Kanzel mit einer Frau besetzt: Rev. Ginger Gaines-Cirelli!
Im Festgottesdienst predigten zwei bekannte Laienfrauen aus der Foundry United Methodist Church: Chelsea und Hillary Clinton. Die einstige First Lady und heutige Kandidatin für die Präsidentschaft in den USA erzählte, wie sie 1993 bei winterlichem Schneetreiben mit ihrer Tochter Chelsea zu Fuss vom Weissen Haus zur Kirche kam. Damals waren die Sicherheitsvorkehrungen noch dezenter als heute. Den beiden Frauen folgten mit einigem Abstand zwei Sicherheitsleute. "Seit jenem Besuch in der Foundry Church bis heute waren wir stets willkommen. Diese Gemeinde wurde für uns der Ort, da wir Gottesdienst feierten, Unterweisung bekamen und zur Besinnung angeleitet wurden. Es ist der Ort, wo wir dienen konnten in einem anderen Umfeld als im Weissen Haus. Wir wurden aufgenommen und angenommen als Familie, wie alle anderen Familien. Das bedeutete uns sehr viel."
Wie kam die United Methodist Church zu diesem prominenten Platz inmitten Washingtons? Der Platz in zentraler Lage gehörte einem Freund von Francis Asbury, des ersten Methodistischen Bischofs in den USA. Henry Foxall war in England geboren und besass in Washington eine Eisengiesserei. Da dieses Eisenwerk in den Wirren der damaligen Zeit unbeschädigt blieb, spendete Henry Foxall 1814 für die Methodisten in Washington das Land und die Mittel für einen Kirchenbau. Gleich daneben wurde damals das Capitol-Gebäude 1812 von den britischen Truppen zerstört und war erst 1826 wieder aufgebaut.
Chelsea Clinton erklärte, was "Foundry" für sie bedeutete. Es wurde für sie ein Ort der Wärme und der Gemeinschaft in den Teenager-Jahren, welche sie im Weissen Haus verlebte. "Als wir nach Washington umziehen mussten, konnte ich mir nicht vorstellen, eine Gemeinschaft zu finden die mir ebenso viel bedeutete wie die Kirche an unserem früheren Wohnort in Little Rock."
Hillary Clinton wies darauf hin, dass sie in der methodistischen Tradition aufgewachsen sei. Da habe sie von Jugend auf gelernt, dass der "Glaube durch die Liebe tätig sein soll". Bei den Methodisten habe sie auch viel Offenheit und positive Kritik erfahren. Und gerade an diesem festlichen Morgen sei sie vom frühere Pastor der Foundry Church, Dr. Wogaman, ermahnt worden, sie solle doch freundlicher mit der Presse umgehen!
Es ist zu wünschen, dass auch im Falle einer Rückkehr Hillary Clintons ins Weisse Haus diese offene und unterstützende Gemeinschaft der Foundry Church ein Ort des Willkommens bleibt für alle Menschen: Reiche und Arme, Mächtige und Randständige, Schwarze und Weisse, Frauen, Männer und Kinder.
Heinrich Bolleter, Bischof im Ruhestand
Nach einem Artikel in "UMConnection" vom Oktober 2015 herausgegeben von der Baltimore-Washington Conference of The United Methodist Church.
A Place to Belong ...
Last Sunday we had a full house and a melting pot of many cultures. The worship service took place at the United Methodist Church downtown Aarau, Switzerland (March 22, 2015). The languages were German, Arab and the Swiss-German dialect.
The hymns and bible passages were on the screen in German and in Arab. The Pastor of the German-speaking congregation together with the leaders of the Arab-Fellowship were leading and preaching. The praise-team was a mixture of the two worshiping congregations in two different styles. "Christ has broken down the dividing wall, that is the hostility between us. So he came and proclaimed peace to those who were far off und peace to those who were near" Ephesians 2,14–22.
The personal witness of the preacher, Rami Ziadeh, was helping to understand how this multi-ethnic ministry in Aarau began. His testimony translated by his wife Anna Ziadeh reads as follows: "Fourteen years ago, we came as asylum-seekers from Syria to Switzerland. We were a very young couple, open for a new start in Switzerland. But the language barriers and many other difficulties made it very hard. We were strangers, ready to be called for repatriation to Syria. We felt to be cut off from real life, outsiders in the strongest sense of the word. So we were looking for a place to belong! We understood that belonging is something, which has to go deep, has to be based on a common foundation. Finally we found the place to belong: the UMC in Aarau. The church also engaged in our struggle to get the permit to stay in Switzerland. From foreigners we mutated to friends. Growing in faith and in love we started to care for other persons and families all of them refugees from Syria, Irak, Iran. And the local church was supporting us in this mission. Looking back, we are convinced, that God had brought us from Syria to Switzerland at such an early stage and prepared us for the ministry among the refugees in Aarau, who in recent years were finding their way from the war torn countries in the Middle East to Switzerland."
The Arabic fellowship is today a community of Christians fostering relationships through authenticity, affirmation and accountability. Here you may find as a stranger into a Circle of Friends. The new fellowship is coming together every second Sunday, following the German Worship. The families are celebrating the community and are staying together for lunch. Regularly the new fellowship and the traditional German congregation are happy to worship together and enjoy the rich cultures in such an event.
Rami and Anna Ziadeh are now part-time employed by the UMC as coordinaters for the Arabic fellowship. The church is also sponsoring scholarships for their study, so that their way into the ministry of the UMC shall be possible. The grant from the GCORR Action Fund is an encouraging contribution to this.
The United Methodist Church in Aarau has become a place to belong ...
a house full of colors and a melting pot of many cultures. We see it taking shape day after day: a holy temple built by God and in which God and the people are at home.
We are remembering the Sunday morning worship, when Monika was presenting a Chinese asylum-seeker to the congregation. Together with her family she had started to care for this young man and was giving a testimony about this new experience. She often shared about the progress in this accompaniment and the young man started to address the congregation with a few German words he had already learnt. When the Swiss Authorities denied his request for Asylum he had to leave the country as ordered. He disappeared and we lost contact with him…
This was about five years ago and since we opened the doors of the church for refugees and asylum-seekers. At the entrance we posted a placard: "Marhaba. Welcome in our coffee-shop". Today (February, 2015), every Wednesday afternoon the welcome-coffee-shop is overcrowded. In the room next to the coffee - shop, we teach classes in German language, in another room the small children of the refugee-families are playing with toys, they only were dreaming of before. In the youth-room of the congregation the young asylum-seekers are playing billiards and table – tennis. It is amazing how they are communicating with each other in spite of the language barriers — a wonderful mix of different cultures: Women and children, young men, from Eritrea, Iran, Irak, Syria, from Congo!
You see volunteers talking with the asylum-seekers and helping them to fill in the forms, which they have to present to the authorities. There is a woman talking with a migrant-woman from Tibet, who had tears in her eyes because her visa had been denied. And for a while they are hugging each other silently. There are momentarily six or more volunteers serving on a Wednesday afternoon. Together with the alternates we are counting at this time 12 up to 15 helpers.
With the support from GCORR the volunteers are encouraged and we are improving their skills to serve. After five years, our congregation is now recognized in the city of Aarau as a church open for the strangers. And we say "Marhaba — welcome".
Lienhard Roser, Head of the Marhaba-Team and
Heinrich Bolleter