Jahreslosung 2020
«Herr, ich glaube, hilf meinem Unglauben».
Markus 9,24
Der Evangelist Markus bringt im Kapitel 9 das Thema ‘Glauben’ zur Sprache. Er macht das so, dass er den Glauben nicht mit dem Schauen verwechselt. Glaube ist eine Realität, auch wo wir nichts sehen und doch Vertrauen.
Das Wunder der Heilung des epileptischen Knaben bewirkt nicht den Glauben. Die Heilung ist die Nachträgliche Demonstration der Vollmacht Jesu. Die Vollmacht zu heilen ist geheimnisvoll gebunden an den Messias.
Das Wunder erhält dadurch eine veränderte Funktion. Es ist nicht die Ermöglichung und Voraussetzung des Glaubens, sondern soll demonstrieren, dass das Vertrauen auf Jesus, den Christus, sich im Nachgang bestätigt.
Die Jünger, welche den epileptischen Knaben nicht heilen konnten, mussten lernen, dass ihnen Glaube und Vollmacht nicht zur Verfügung stehen. Beides ist stets neu Gottes Gabe.
Bonhoeffer sagte: «Glaube empfangen wir von Gott. Glaube ist seine Gabe an uns. Und Glaube empfangen wir von Gott immer nur so viel, wie wir gerade für den gegenwärtigen Tag brauchen». Gleiches lässt sich auch über die Vollmacht zu heilen sagen.
Glaube ist der Verzicht auf eigenmächtige Antworten und Lösungen. Glaube orientiert sich am Messias, der anders denkt, anders handelt, und der um den wahren Kairos zum Handeln weiss.
Wer glaubt, rechnet mit Gott und deshalb mit Wegen, die wir bisher nicht für möglich gehalten haben.
Wer glaubt, rechnet mit Gott und deshalb mit Wegen, die auch in der Tradition der Väter und Mütter undenkbar waren. Was ich erlebe, oder was andere erleben, muss nicht in unser frommes Koordinaten-System passen.
Der Glaube an Jesus Christus ist ein Geschenk, damit wir beieinander bleiben können trotz unterschiedlicher Überzeugungen und Erwartungen im Leben und im Glauben. Der Glaube erwartet, dass Christus in unserer Mitte ist, auch wenn wir verschiedene Ansichten und Erwartungen haben. Die Liebe Christi wird über unsere Vorurteile siegen.
Glaube blüht in seiner Schönheit und Freiheit gerade da auf, wo wir nicht alles erklären und einordnen müssen, sondern wo auch das Andere, das Fremde und Unerwartete sein darf und wir es gelassen anschauen können.
Glaube und Unglaube schließen sich nicht aus, sie gehören irgendwie zusammen. In beidem steckt das Geheimnis der Souveränität Gottes. Darum hat das Gebet seinen festen Platz im Leben der Nachfolger und Nachfolgerinnen Jesu. Sie sind nicht die Titanen des Glaubens. Sie wissen, dass alles Gabe und Gnade bleibt.
So lädt die Geschichte in Markus 9 ein, stets neu zu bekennen und zu bitten: «Herr! ich glaube, hilf meinem Unglauben».
hb