Politiker sind Individualisten. Wer sie beobachtet freut sich über die Vielfalt der Charaktere, der Biografien und des aktuellen Engagements.
Ohne zu verallgemeinern kann der Beobachter der Szene der Schweizer Politik jedoch gewisse Verhaltensweisen als mehr oder weniger typisch festmachen. Die meisten Politikerinnen und Politiker agieren als Mitglied einer politischen Partei. Sie vertreten ausserdem mehr oder weniger transparent bestimmte Interessengruppen. Alle verstehen sich als „Volksvertreter“ und behaupten, dass sie nur das Beste für unser Land wollen.
Wer jedoch das politische Ränkespiel näher verfolgt wird den Verdacht nicht los, dass es sehr oft um die persönliche Machterhaltung oder die Machterhaltung der Partei geht und dass ein lösungsorientiertes Engagement in solchem Ränkespiel alle Durchschlagskraft verlieren kann.
Für den Machterhalt sind Parteien sogar bereit ihren ideologischen Wertehintergrund zu verleugnen. Wozu brauchen wir sie dann noch? Pragmatisch ausgerichtete und lösungsorientierte Weggenossen liessen sich mit den heutigen Möglichkeiten des Internets und der Sozialplattformen doch leicht finden.
Das Spiel um den Machterhalt kreiert einen blinden Fleck. Sehen die Verantwortungsträger das wachsende Misstrauen in der Zivilgesellschaft nicht gegenüber denen, welche diese vertreten sollten. Um Vertrauen zu schaffen, braucht es einen neuen Beweis der Fairness und der Kooperationsfähigkeit der politischen Kräfte zu einem lösungsorientierten Handeln. Wir wünschen uns mehr effiziente Brückenbauer und weniger laute, machtorientierte Politiker. Ich bin überzeugt, dass eine Mehrheit in unserem Lande und in Europa sich von dieser entarteten politischen Kultur angewidert abwendet. Die Erosion des Vertrauens in die Parteien könnte auch die Demokratie gefährden. Es steht noch nirgends geschrieben, wie unser Parlamentarismus ohne Parteien funktionieren könnte. Wir sollten es nicht soweit kommen lassen, dass wir wie in anderen Europäischen Ländern eine Expertenregierung einsetzen müssen, um zu vernünftigen Lösungen zu kommen.
Wir brauchen PolitikerInnen und Parteien, welche deutlich ihre eigenen Interessen dem Wohl der umfassenden Gemeinschaft nach zu ordnen wissen. „Suchet der Stadt Bestes!“ lautete die Aufforderung eines biblischen Propheten.
Ich weiss, dass dies höchst wahrscheinlich ein frommer Wunsch für das Jahr 2013 bleiben wird. Darum werde ich mich nicht wundern, wenn die Zerrüttung der gewachsenen Solidarwerke und die Schwächung der Sozialverträge weiter um sich greifen werden.
Lösungsorientierter und kooperativer müssten jene sein, welche sich anheischig machen das Geschick unseres Gemeinwesens ‚im Griff’ zu haben.
Heinrich Bolleter
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