In einer verwalteten, auf Erfolg und Profit getrimmten Welt geht das Zarte, Schöne und in stiller Hingabe sich Entfaltende einfach unter.
Das gilt auch für die Kirche. Wo wir sie als Dienstleistungsorganisation verstehen, welche keine Budgetrisiken eingehen darf, und einen sichtbaren Erfolg ausweisen muss, töten wir die zarten Keime einer neuen Saat bevor sie sichtbar werden. Kirche ist stets mehr als eine Organisation. Sie ist eine Schöpfung Gottes. Als herausgerufene Schar können wir sie auch als wanderndes Gottesvolk begreifen. Ein wanderndes Volk muss anders
durch Veränderungen geführt werden als eine Dienstleistungsorganisation.
Eine Organisation kann mit harten Fakten und mit einer neuen Zielsetzung zur Veränderung gezwungen werden. Das wandernde Volk wird sich auf den Wandel einstellen, wenn die Verantwortlichen die Herzen gewinnen können.
Auch die EMK steht in einem spürbaren Wandel, vor Fragen und Herausforderungen. Um in die richtige Richtung zu gehen ist eine Vision erforderlich. Das bleibt unbestritten.
Und es braucht eine Strategie für den Weg zum Ziel. — Es wird jedoch oft der Fehler gemacht, dass bewährte Maßnahmen und Wege von Wirtschaftsunternehmungen auf die non-for-profit Organisationen und damit auch die Kirchen übertragen werden. In den Unternehmungen der Wirtschaft gibt es gute Erfahrungen, wie ein Wandel in kritischer Zeit anzugehen sei. In der Kirche darf jedoch die Begrifflichkeit der Organisationsentwicklung und der Betriebswirtschaft nicht in den Vordergrund gerückt werden.
Die Generalkonferenz anfangs Mai 2012 in Tampa Florida hat gezeigt, dass mit dieser Sprache der Wirtschaft, mit Statistiken und Maßnahmenplänen und Restrukturierungen nicht viel erreicht wird. Am ehesten wird ein Streit provoziert, wie weit eine Restrukturierung gehen soll. Dieser Weg wird sehr schnell die spirituellen Motive für einen Wandel zudecken. Die kirchliche Basis wird Restrukturierungspläne nie mit Applaus aufnehmen sondern eher eine Verschwörung gegen die Institution und ihre Leitungsgremien anzetteln. Kirchliche Gruppen haben zumeist eine konservative Kultur und sind allem organisatorischen Kram abhold.
Viel wichtiger ist es zentrale, christliche Werte hoch zu halten, die zarten Keime sichtbar zu machen, und die Erwartungen an der Basis für neue Wege mit Gott zu fördern.
Strukturen, Häuser, Finanzen haben ihre Bedeutung für die Haushalterschaft, aber sie in der Mitte des Wandels zu thematisieren, führt zu Verkrampfungen im Prozess der Transformation. Das Wichtigste in einer nicht-profit-orientierten Organisation und in einer Kirche sind die Menschen. Und es gibt viele, welche noch Erwartungen haben, Engagement zeigen und das übergeordnete Ziel der Gemeinschaft mittragen. Sie sind überzeugt, dass Gott die EMK in tief greifende Veränderungen führen wird. Aber solche Veränderungen können nicht durch Restrukturierungen und gesamtkirchliche Strategien erreicht werden. Sie müssen die Herzen erreichen.
Die leitenden Gremien müssen ihre Hausaufgaben machen und einen Plan B bereithalten in all den Fragen der Verwaltung und der Finanzen. Sie dürfen jedoch diese Fragen nicht in den Mittelpunkt der Diskussion stellen. Viel wichtiger ist es, mit dem Wandel so umzugehen, dass die Herzen der Basis erreicht werden und sich für einen Wandel öffnen.
Wir brauchen lebendige Gemeinden, kleine und große, in denen man nicht gemäß dem Vereinsdenken alles durch Statuten und Regeln ordnet. Sie sind Netzwerke, wo man die Individuen in ihrem Glauben und ihrem Engagement stärkt und die Pluralität der am Netz beteiligten fördert. So entsteht ein lebendiges Netz, das zwar nicht auf Lebenszeit angelegt ist, aber Anregungen und Inhalte verspricht und auch ein Projekt mäßiges Engagement ermöglicht. Hier entsteht Freude dazu zu gehören. Und darauf kommt es doch an im wandernden Gottesvolk.
Der Wandel in der Kirche ist ein geistlicher Prozess. Er muss von den PfarrerInnen und den Laien mitgetragen werden. Vielleicht sind Restrukturierungen nötig. Aber sie sind nicht das Ziel, geschweige denn das Zentrum eines Wandels.
Die Mitte eines Wandels bildet die geistliche Zurüstung und die Wertschätzung jedes Einzelnen in Kirche und Gemeinde. Vor allem die junge Generation muss dies Wertschätzung als Glieder am Leib Christi erfahren auch wenn ihre Ideen und ihre Kultur anders sind. Der junge Mensch heute will nicht nur helfen, die Gemeinde am Laufen zu halten. Er will sich einbringen und gestalten.
Solche Gemeinschaft lässt sich nicht organisieren und mit einem exakten Budget kontrollieren. Es braucht Vertrauen, dass Gott neue Wege bereit hat, und die Herzen der Menschen bewegen will.
HB
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